Auf ein Wasser mit... Anna Goldenstein
Nachhaltiger Urlaub im Wangerland
Kurzportrait Anna Goldenstein
- Trinkt Leitungswasser – aber bitte mit Sprudel
- Hat schon immer am Wasser gelebt – erst an der Weser, jetzt an der Nordsee
- Familiäre Wurzeln in Ostfriesland und seit 2016 in Wilhelmshaven wohnhaft
- Seit 2022 Nachhaltigkeitsmanagerin bei der Wangerland Touristik GmbH
Wenn ich jemandem erzähle, meine Tochter habe "Nachhaltiges Management" an der TU Berlin studiert, werde ich meist gefragt: "Was ist das denn?" Ja, womit beschäftigt sich Nachhaltigkeitsmanagement?
Die Frage bekomme ich tatsächlich öfters gestellt, da ist sie also nicht allein! Grundsätzlich geht es darum, Nachhaltigkeit als Kriterium in alle Unternehmensbereiche zu verankern- von der Beschaffung, über die Veranstaltungen bis hin zur Kommunikation. Für die Wangerland Touristik bedeutet das, die Entwicklung im Unternehmen, aber auch in der Region Wangerland zu hinterfragen: Wo können wir uns verbessern? Wo zum Beispiel Müll vermeiden oder Ressourcen schonen? Dabei setzen wir einzelne Projekte um, aber streben auch strukturell einen Wandel hin zu einem nachhaltigeren Tourismus im Wangerland an.
Welche besonderen Schwerpunkte ergeben sich beim Wandel hin zu einem nachhaltigeren Tourismus?
Wir als Wangerland Touristik sind die Schnittstelle zu den Gästen, die in unsere Region kommen, um an der schönen Nordseeküste Urlaub zu machen. Aus unserem Aufgabenbereich ergeben sich dabei ganz organisch Schwerpunkte, bei denen Nachhaltigkeitsmanagement eine große Rolle spielt. Wir planen zum Beispiel Veranstaltungen im Strandbereich und betreiben Campingplätze an der Grenze zum Nationalpark – dies möchten wir nicht tun, ohne dabei Wert auf eine nachhaltige und bewusste Umsetzung zu legen. Dazu zählen u. a. Aspekte wie der Verzicht auf Einmalplastik oder die Kooperation mit lokalen Partnern bei der Veranstaltungsplanung und -umsetzung, beispielsweise bei der Verpflegung und der Technik.
Ein weiterer Aspekt ist die Zusammenarbeit mit den lokalen Leistungsträgern, mit denen wir unter anderem persönlich über Vernetzungstreffen und Arbeitskreise in stetigem Kontakt stehen. So können Ideen gemeinschaftlich umgesetzt und unterstützt werden und es findet ein reger Interessen- und Wissensaustausch statt.
Das Wangerland verfügt bei Schillig über einen der schönsten Festland-Sandstrände der Nordseeküste: In der Saison ein starker Magnet für Touristen, ganzjährig einer für Tagesgäste – dabei zugleich Teil des Nationalparks Nds. Wattenmeer. Wie verträgt sich dieses Spannungsfeld?
Unsere Strände befinden sich direkt am Nationalpark Niedersächsiches Wattenmeer, was die Chance bietet, zum Beispiel über Wattwanderungen, Salzwiesenführungen und unser Nationalparkhaus gelebte Umweltbildung zu betreiben. Gleichzeitig tragen wir dadurch eine große Verantwortung, diese einzigartige Natur direkt vor unserer Haustür zu schützen. Unsere Gäste haben die Möglichkeit, das Wattenmeer hautnah zu erleben, wird dabei allerdings Müll verursacht oder umweltschädliches Verhalten an den Tag gelegt, hat das direkte Auswirkungen auf die Natur, die wir alle so lieben. Manchmal entstehen aus der Kombi zwischen Tourismus und Natur auch besondere Situationen, zum Beispiel wenn plötzlich Vögel auf einem Strandkorb brüten und dieser dann abgesperrt wird, um den Tieren beim Brüten Ruhe zu gewähren.
Unsere einzigartige Lage am Wattenmeer bedeutet, dass wir auf bestimmte Dinge achten müssen, beispielsweise auf die Leinenpflicht für Hunde. Allgemein müssen wir bei jeglichem Strandbetrieb den Küsten-/Deichschutz und Tierschutz beachten, beispielsweise was die Bebauung des Geländes oder den Lärmschutz angeht. Unsere Strandkassen und strandnahen Unterkünfte sind zum Beispiel alle so gebaut, dass wir sie im Herbst wieder vom Strand entfernen können und die Umwelt minimal beeinflusst wird: Von Schlafstrandkörben über SleepCubes und TinyHouses bis hin zu den beliebten Nordseekarren – übernachten kann man am Strand nur bis Oktober. Regelmäßig wird außerdem der Strand gereinigt: von uns und im Rahmen von Clean-Up-Aktionen. Um den Müll im Strandbereich dann auch fachgerecht entsorgen zu können, arbeiten wir gerade daran, unser Entsorgungssystem neu zu strukturieren und zu ergänzen – möglichst möwensicher natürlich!
Das Wangerland teilt 27 Kilometer Nordseeküste mit dem Weltnaturerbe Wattenmeer; wir haben an dieser Stelle auch schon mit dem Nationalparkleiter Peter Südbeck gesprochen: Kennen Sie ihn – respektive, wie ist die Zusammenarbeit mit dem Nationalpark und seinen Mitarbeitern?
Wir sind als Tourismus-Akteur am Wattenmeer in regem Kontakt mit der Nationalparkverwaltung und sehen uns daher auch auf verschiedenen Veranstaltungen zu dem Thema – erst kürzlich durfte ich am Weltnaturerbeforum teilnehmen. Seit einigen Monaten spiegelt sich diese Zusammenarbeit und Nähe zum Nationalpark Wattenmeer auch in unserer Auszeichnung als Nationalparkpartner wider. Ich durfte von unserer Seite aus diese Kooperation begleiten. Wir verpflichten uns damit zu einer nachhaltigen Regionalentwicklung und zu umweltfreundlichen, qualitativ gehaltvollen Angeboten.
Wie Peter Südbeck bereits in seinem Interview gesagt hat: „Der Tourismus lebt davon, dass die Gäste zu uns kommen, weil sie eine saubere ungestörte und auch gut geschützte Natur und Landschaft mit Pflanzen und Tieren, allem was dazugehört, erleben und genießen möchten.“ – Dem kann ich nur zustimmen. Um den Lebensraum Wattenmeer zu erhalten und gleichzeitig die Tourismusregion Nordseeküste zu fördern ist eine enge Zusammenarbeit zwischen uns und der Nationalparkverwaltung essenziell.
Vielleicht kennen Sie unsere Aktion "Trinkwasser mobil", bei der Gaststätten und öffentlich zugängliche Orte das Auffüllen von Trinkflaschen ermöglichen? Ist das auch ein Thema für nachhaltigen Tourismus?
Auf jeden Fall! Wir bemühen uns aktuell mit den Wangerländer Gastronomen darum, eine Mehrweglösung für Speisen und Getränke einzuführen, um Müll zu vermeiden. Dazu passt es, wenn Gäste ihre eigene Trinkflasche mitbringen und auffüllen lassen können. Gleichzeitig hilft es enorm dabei, sich an den Klimawandel anzupassen: Die Durchschnittstemperaturen werden höher und das Bedürfnis nach Wasser steigt, vor allem im Sommer oder bei sportlicher Betätigung, wie zum Beispiel einer Radtour. Gerade Radfahrer*innen, Fußgänger*innen oder Familien freuen sich, wenn unterwegs die Trinkflasche wieder aufgefüllt werden kann – sei es auf Nachfrage oder stets verfügbar über einen Wasserspender. Auch wir möchten da natürlich mit gutem Beispiel voran gehen und demnächst Leitungswasserspender in unseren Tourist-Informationen platzieren, für unsere Gäste und die Mitarbeitenden gleichermaßen.
Das Wappen des Wangerlands (Abb.) zeigt eine Nixe, "Dat Minsener Seewief". Der Sage nach hat sie aus Rache für die Gefangennahme durch Fischer das Dorf Minsen mit einer Sturmflut heimgesucht. Sie haben nun bei diesem Fabelwesen einen Wunsch für das Wangerland frei: Was wünschen Sie …?
Ich wünsche mir für das Wangerland, dass wir gemeinsam einen nachhaltigen und umweltbewussten Tourismus schaffen, von dem die Region und die Einheimischen noch lange profitieren können. Und ganz persönlich: Einen mobilen Unverpacktladen und ein großes vegetarisches/veganes Angebot in den Restaurants fände ich zum Beispiel super!
Bildnachweise:
Bild Anna Goldenstein: privat
Bild Landkarte: Open Street Map
Bild Nationalparkpartnerschaft: Wangerland Touristik
Bild Strand Schillig: Oliver Franke
Bild Wappen: Wikimedia Commons