Von Kloster-Kunst zu Baum-Kunst:
ein Spaziergang am Bach zu reizenden Ruinen,
malerischen Mühlen und skurrilen Skulpturen.
Wohl restauriert präsentiert sich die Kirchenruine des einstigen Zisterzienserklosters Hude aus dem 12. Jahrhundert. Klar gegliedertes Ziegelmauerwerk ragt zwischen den Bäumen in die Höhe. Das Klostermuseum (Von-Witzleben-Allee 1, Hude) erzählt vom Aufbau der Anlage und den Lebensverhältnissen der Mönche, gern auch für interessierte Gruppen.
Die Zisterzienser waren im Mittelalter begehrte Experten für den Umgang mit Wasser. Sie wussten, wie sich Sümpfe und Moore mit Hilfe von Kanälen entwässern ließen, aber auch, wie man die Kraft des Wassers nutzen konnte.
Wasser und Mühle gingen bei den Zisterziensermönchen immer zusammen, ihnen einst zu Arbeit und Einnahmen, uns heute zur vergnüglichen Betrachtung.
Stichwort Zisterzienser: Immer dicht am Wasser gebaut.
Gerne auch an der Berne. Oder in Ostfriesland.
Der Mönchsorden wurde im 12. Jh. als Reformorden gegründet. Man wollte zurück zu den Ursprüngen: ora et labora. In unwegsamem Gelände rodeten die Mönche – jedenfalls zu Anfang – den Baugrund für ihre Klöster noch mit eigener Hand. Das erste Kloster entstand im burgundischen Cîteaux. Das heißt so viel wie „dorniges Gesträuch“.
Wo Menschen zusammen leben, brauchen sie eines auf jeden Fall: Wasser. Die Zisterzienser entwickelten sich zu Ingenieuren des Wasserbaus. Sie legten Be- und Entwässerungskanäle an, betrieben Mühlen – und nur dort durften die umliegenden Bauern ihr Korn gegen Entgelt mahlen lassen – und errichteten geradezu landwirtschaftliche Musterbetriebe der Teichwirtschaft und Fischzucht.
Eines der berühmtesten Zisterzienserklöster in Niedersachsen ist Walkenried im Harz. Aber so weit braucht man gar nicht zu fahren. Auch in Ostfriesland gab es einige Zisterzienserklöster. Oberirdisch sind sie verschwunden, aber die Archäologie kann trotzdem einiges über sie erzählen. Das bekannteste ist wohl Kloster Ihlow, dessen Grundriss vor Ort rekonstruiert wurde. Einen ersten Eindruck erhält man hier: https://www.kloster-ihlow.de
Himmlisch, der Weg zum ehemaligen Abthaus zeigt: Auch nach gut 700 Jahren ist die Blütezeit des Zisterzienser Klosters Hude noch nicht ganz vorbei
Skulpturenhaus in der Klosterremise
Wenige Meter vom Museum lädt die Klosterschänke mit Außengastronomie zur Einkehr ein. Parkplätze findet man gleich dort oder wenige hundert Meter weiter, ausgeschildert, an der Hauptstraße.
Daneben findet man in der ehemaligen Klosterremise die Galerie Klostermühle mit einer Dauerausstellung über 50 Jahre Bildhauerei von Wolf E. Schultz und wechselnden Skulpturen-Ausstellung aus Privatbesitz oder Premieren mit neuen Skulpturen, die käuflich erworben werden können.
Wer sich jetzt noch verläuft, braucht bestimmt eine Brille ...
Der Bach als Verbindungsweg
Von der Galerie führt der rund zwei Kilometer lange Spazierweg zunächst an der Huder Wassermühle vorbei über eine Brücke, um dann von der Burgstraße nach links abzubiegen. Verlaufen kann man sich nicht. Im Zweifelsfall hilft die gute Ausschilderung, die auch auf weitere mögliche Touren aufmerksam macht. Mal auf der rechten, mal auf der linken Seite des Huder Baches – bei dem es sich recht eigentlich um die Berne handelt – verläuft der Weg. Ein Angler erzählt auf Nachfrage, dass es Neunaugen, Elritzen und Bachforellen gäbe. Nach einer Bahnunterführung muss man einmal eine etwas größere Straße überqueren, dahinter geht es wieder hinein in die plätschernde Idylle.
Naturkunst
Schließlich öffnet sich (nach etwa 30 lauschigen Minuten Gehzeit) der Weg auf eine große Wiese. Dort stehen keine Kühe. Dort steht Kunst, geschaffen von dem in Hude ansässigen Künstler Wolf E. Schulz. Kunst zum Anschauen, Anfassen, Wiedererkennen und Staunen. Vor allem aus Baumstämmen, aber auch aus anderen Naturmaterialien sowie aus Metall sind Gesichter, Körper, Tiere und hybride Gestalten erwachsen. Großzügig im freien Raum verteilt laden sie die Phantasie dazu ein, ihrem einstigen und jetzigen Leben nachzuspüren. Man wundert sich, wie schnell dabei die Zeit vergeht!
Man müsste schon ein rechter Holzkopf sein, würde man die Skulpturenwiese einfach links liegen lassen
Kunst gewährt uns neue Perspektiven, in dem sie Vieles von den Füßen auf den Kopf stellt
Das Oldenburger Land war immer schon „Pferdeland“ – auch diese Rasse hat Klasse
Diese Wiesenritter führen ein munteres Scheingefecht – wer wollte da nicht um die Deutung mitstreiten?
Ein Fabelvogel – oder doch eine Balletteuse im metallischen Hahnenkostüm? Man darf alles sehen, was die eigene Phantasie erlaubt!
Dieser Mann ist vom Stamme der Gefällten – oder der entspannt Liegenden …?
Gleich fliegt sie los, die Schmettersteinfliege! Aber – ach! – der Künstler hat sie, in Stein und Metall gebannt, verzaubert.
„Oft steckt die spätere Form schon im Material. Ich hole sie lediglich heraus und lasse mich ganz auf die Situation bei der Bearbeitung ein und folge meinem Gefühl, nicht einem Plan.“ Wolf E. Schultz, Link zu Website des Künstlers: wolf-e-schultz.de
Kunst oder Naturkunst?
Frühling lässt sein grünes Band sich entrollen an dem Bache ….
Auf dem Rückweg mag sich so mancher Spaziergänger dabei ertappen, wie er sich angesichts eines ins Wasser ragenden, verschlungenen Wurzelgeflechts fragt: Ist das jetzt Natur? Oder Kunst? Oder beides?
Wer sich das Gesehene noch einmal gründlich durch den Kopf gehen lassen will, findet dazu sicherlich in der Klosterschänke das passende Getränk
Auf zum Spiel am Bach!
Wer mag, versucht sich am Ende der kleinen Aus-Zeit am Bach vielleicht einmal am klösterlichen Spielstein; die Spielanleitung steht gut verständlich auf einer Tafel gleich daneben. Ganz sicher begleitet ihn dabei im goldenen Abendlicht ein vielstimmiges Konzert, dessen Musiker in den Kronen der Bäumen unablässig ihre Plätze wechseln. Für den Gewinner ertönt am Ende dann ein triumphaler Trommelwirbel – vom Specht.
Ein Spielchen gefällig? Es gibt nichts zu verlieren, aber einen Spaß zu gewinnen
Bildnachweis:
Titelbild:View of the monastery Hude, Oldenburg, Germany/ggfoto/AdobeStock
Dar1930/AdobeStock
View of the monastery Hude, Oldenburg, Germany/ggfoto/AdobeStock
Fotos ©Johannes Kelschebach