Flüssigholz: Eine nachhaltige Alternative zum Kunststoff
Weniger Plastik braucht die Welt. Doch wie kann man den Kunststoff ersetzen, der in vielen Bereichen so praktisch ist? Eine nachhaltige Alternative ist das sogenannte Flüssigholz.
Kunststoff ist beliebt in der Industrie. Er ist günstig, leicht, stabil und lässt sich gut formen. Unbeliebt macht sich Kunststoff in der Umwelt. Er verschmutzt Meere und Landschaften, kann als Mikroplastik von Lebewesen aufgenommen werden und baut sich extrem langsam ab. Für die Produktion von Kunststoff wird zudem der fossile Rohstoff Erdöl verwendet. Das muss doch auch anders und besser gehen! Geht es auch – zum Beispiel mit dem sogenannten Flüssigholz.
Holz wie Plastik – nur besser
Seifendose und Kamm, Armaturenbrett und Spielzeug: Flüssigholz kann vielseitig eingesetzt werden. Es ist leicht und stabil. Deshalb findet es vor allem in Alltagsprodukten Verwendung, die sonst aus Hartplastik hergestellt werden. Gleichzeitig fühlt sich Flüssigholz wärmer an als Plastik, eben mehr wie Holz.
Landläufig unterscheidet man zwei verschiedene Arten Flüssigholz.
- Flüssigholz aus Holzmehl, zum Beispiel Fasal. Für die Stabilität und Bindung werden der Masse zum Beispiel Stärke und zellulosehaltige Fasern wie Flachs beigemischt.
- Flüssigholz aus Lignin, zum Beispiel Arboform. Lignin ist ein wesentlicher Bestandteil von Holz. Auch dieser Masse werden für Stabilität und Bindung Fasern wie Flachs und andere Zusätze beigemischt.
Flüssigholz lässt sich bei der Produktion wie Kunststoff verarbeiten, etwa mit Spritzgussmaschinen.
Wie nachhaltig ist Flüssigholz?
Flüssigholz wie Fasal besteht häufig aus Schwach- oder Abfallholz. Arboform setzt auf Lignin, das in großen Mengen als Abfallprodukt bei der Papierherstellung anfällt. Damit schonen beide Ressourcen die Umwelt, insbesondere, wenn das Ursprungsholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt.
Ob und wie gut Flüssigholz biologisch abbaubar ist, liegt an den beigemischten Bestandteilen. Es gibt viele verschiedene Rezepturen für Flüssigholz, auch solche mit Kunststoffanteilen.
Hier hilft ein Blick auf das Produkt weiter. Hersteller verraten ihren Kunden, wenn das Produkt zu 100 Prozent biologisch abbaubar ist, schließlich ist das ein Verkaufsargument.
Für die Herstellung von Flüssigholz wird kein Erdöl benötigt. Das Holz und die untergemischten Pflanzenfasern wachsen nach und konkurrieren nicht mit der Produktion von Lebensmitteln. Insgesamt bietet Flüssigholz also eine nachhaltige Alternative zum Kunststoff.
Aus Tüftlern werden Unternehmer
Die Grundlagen für Fasal und für Arboform wurden an Forschungseinrichtungen gelegt, stellt die Fachhochschule Kaiserslautern heraus. Die Geschichte von Arboform hat regelrechtes Hollywood-Potenzial. Die beiden Gründer Helmut Nägele und Jürgen Pfitzer arbeiteten zusammen bei der Fraunhofer-Gesellschaft und gründetet ihr Unternehmen Tecnaro GmbH als Spin-off, quasi im heimischen Wohnzimmer. 2010 wurden sie schließlich mit dem Europäischen Erfinderpreis ausgezeichnet. Heute hat das Unternehmen seinen Sitz Ilsfeld in der Nähe von Stuttgart und vertreibt seine Produkte weltweit. Der Produktname Arboform leitet sich vom lateinischen Wort Arbor für Baum ab.
Von Pumps bis zur Urne
Wie vielseitig der Werkstoff Flüssigholz ist, zeigen einige kuriose Beispiele. Das Modelabel Gucci hat Flüssigholz für einen Eco-Pumps verwendet. Autohersteller setzen Flüssigholz unter anderem als Unterlage für Echtholzfurniere ein. Das Furnier hält besser auf Flüssigholz als auf Kunststoff. Musikinstrumente wie Blockflöten bestehen ebenfalls immer häufiger aus Flüssigholz und überzeugen auch akustisch. Zumindest in der Theorie. Eltern Flöte lernender Kinder haben hier häufig andere Erfahrungen gemacht. Leise Töne schlagen die Hersteller von Urnen an. Sie führen für eine pietätvolle und gleichzeitig ökologische Bestattung Modelle aus dem naturbasierten Material.
Mehr zum Thema:
Eine ausführliche Darstellung zu Flüssigholz bietet folgende Abhandlung der FH Kaiserslautern. „Flüssigholz – Ein Überblick“
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