Was hat Bio-Mode mit Trinkwasserschutz zutun?
"Muss es anderen Menschen schlecht gehen, nur damit wir billige Waren kaufen können?" Diese Frage haben sich Sören Lauer und Felix Halder aus Bremen häufig gestellt - 2007 haben sie fairtragen ins Leben gerufen. Ihnen ist es wichtig, Kleidung kaufen zu können, die nicht unter ausbeuterischen Bedingungen produziert wurde und Lebensräume zerstört. Bei fairtragen gibt es Bio-Kleidung für alle, die guten Geschmack und Nachhaltigkeit verbinden wollen. Neben dem Onlineshop gibt es auch zwei Läden in Bremen. Wir haben mit Sören gesprochen - über Bio-Mode, Fast Fashion, Trinkwasserschutz und über ihre Visionen.
Auf ein Wasser mit... Sören Lauer von fairtragen
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, biologische und faire Kleidung zu verkaufen?
Das war ein längerer Prozess. Wir haben angefangen, uns mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen – mit der Ernährung, aber auch zum Beispiel damit, welche Stromanbieter echten nachhaltigen Strom erzeugen. In dem Zusammenhang kamen wir dann auch auf unser Organ Haut, das ja auch viele Stoffe aufnimmt – aus unserer Umwelt aber auch über die Kleidung. Wir haben angefangen zu hinterfragen, was wir da eigentlich tagtäglich tragen und ob es da nicht etwas Besseres gibt – mit weniger Schadstoffen und Chemikalien, die in der Kleidungsindustrie üblicherweise eingesetzt werden. Reine Bio-Kleidungsgeschäfte zu finden, war nicht möglich, da nicht vorhanden.
Daher kam die Idee: Warum machen wir das nicht einfach selbst? Gestartet sind wir mit einem kleinen, günstigen Laden in unserem Stadtteil. Zu der Zeit hatten wir beide noch einen Vollzeit-Job nebenher, aber der Wille, die Lust und Motivation war da, weil wir ja auch wussten, wofür wir das machen.
Was sind eure Ziele und Visionen?
Wir wollen faire und biologisch hergestellte Kleidung verkaufen – für den Alltag. Kleidung, die nicht besonders exklusiv und ausgefallen ist. Wir möchten gerne die Masse erreichen und regional agieren. Die Leute sollen zu uns kommen, die Kleidung anfassen, erleben und anprobieren können und sich selbst von der Qualität überzeugen. Der Online-Shop war vor allem am Anfang wichtig für uns, um überhaupt Umsatz zu machen – aber der Fokus liegt auf unseren zwei Filialen in Bremen, in denen wir auch selbst täglich sind.
Was ist der Unterschied zwischen Bio und Fairtrade? Und was hat Bio mit Trinkwasserschutz zu tun?
Das ist eigentlich ganz einfach: Fairtrade bedeutet, dass die Menschen, die die Kleidung für uns produzieren, fair bezahlt werden. Das wiederum ist auch nachhaltig, denn wenn die Menschen nicht ausgebeutet werden, können sie selbst nachhaltiger leben. Wie die meisten Menschen wissen, wird der Großteil der Kleidung in 3. Welt-Ländern produziert, unter den schlimmsten Bedingungen – das passiert bei der Kleidung, die wir verkaufen nicht.
Und Bio bedeutet, dass ohne giftige Chemikalien – wie Pestizide - gearbeitet wird, was in der Kleidungsindustrie sonst üblich ist. Somit wird die Gesundheit der Menschen, die unsere Kleidung herstellen, nicht durch Chemikalien gefährdet. Und hier ist Trinkwasserschutz natürlich auch ein wichtiger Aspekt: Denn die Chemikalien, die für den Anbau von konventioneller Baumwolle genutzt werden, landen im Grundwasser und verseuchen es. Dadurch entsteht ein Mangel an Trinkwasser in den Ländern, in denen die Kleidung produziert wird.
Bio und Fairtrade sind im Lebensmittelbereich ja schon länger angekommen. Warum noch nicht bei der Mode?
Ich vermute, dass es hierfür mehrere Gründe gibt. Bei Lebensmitteln ist es offensichtlicher, dass man die Schadstoffe mit dem Essen aufnimmt. Viele Menschen denken nicht so richtig darüber nach, dass auch unsere Haut viele Schadstoffe aufnehmen kann. Ist ja auch etwas abstrakter. Und gegenüber Bio-Kleidung gibt es ja auch nach wie vor noch Vorurteile: Zum einen denken viele, dass nachhaltige Kleidung nach Kartoffelsack aussieht und zum anderen, dass sie teuer ist.
In Bremen gibt es zwei fairtragen-Läden - einer im Ostertorviertel und der andere in der Innenstadt.
Muss Bio und Fairtrade teuer sein?
Es kommt immer drauf an, mit was man es vergleicht. Klar, sind unsere Produkte teurer als die von Fast-Fashion-Unternehmen, die meist unter den billigsten und für die Menschen vor Ort unter den schlimmsten Bedingungen produzieren.
Und es ist ja auch eine Frage der Qualität. Du kannst dir einen fairtrade und nachhaltig hergestellten Pulli kaufen oder eben drei günstige, die dann aber vermutlich auch deutlich schneller kaputt gehen. Die Produkte, die wir verkaufen sind langlebig – wenn man es so sieht, sind wir vom Preis her schon gut dabei.
Die vielen Siegel, die es gibt, sind ja etwas verwirrend. Wie kann ich wirklich sehen, ob ein Shirt Bio und Fairtrade ist?
Ein Siegel, an dem man sich gut orientieren kann und mit dem auch die meisten unserer Kleidungsstücke gesiegelt sind, ist das GOTS Siegel. Das deckt die nachhaltigen Aspekte sehr gut ab. Zudem gibt es das IVN BEST-Siegel. Das bescheinigt dem Endverbraucher, ein Höchstmaß an Fairness und Ökologie in der Produktion der Kleidung. Das bedeutet aber auch, dass dies die Auswahl an Kleidung deutlich einschränkt.
Mal angenommen: Ihr unterhaltet euch mit einem Bekannten, der erzählt, dass er gerade super viel Kleidung von einem Fast Fashion-Label geshoppt und dabei richtige Schnäppchen gemacht hat. Was sagt ihr dazu?
Ich habe es mir insgesamt abgewöhnt, Menschen zu kritisieren. Mein Ziel ist es, mit gutem Vorbild voranzugehen und es möglichst wenig schlecht vorzumachen. Ich bin auch nicht perfekt. Aber in solchen Situationen gehe ich gerne in den Dialog. Ich würde wahrscheinlich sagen, dass ich so etwas nicht anziehen kann – auch weil Billigkleidung eben auch oft nach den verwendeten Chemikalien riecht und ich würde versuchen, die positiven Aspekte von nachhaltiger und fairer Kleidung zu betonen.
Die meisten wissen beim Thema Kleidung relativ genau unter welchen Bedingungen sie produziert wird. Es ist einfach, das zu verdrängen und sich nicht damit zu beschäftigen. Auch, weil man ja sonst etwas an seinem Kaufverhalten ändern müsste.
Was ist das Problem mit Fast-Fashion und Ultra-Fast-Fashion?
Die Menschen, die das produzieren müssen, tun uns leid. Sie werden ausgebeutet und müssen unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten. Dazu kommen noch die Auswirkungen, die die schnelle und möglichst billige Produktion von Kleidung auf unsere Umwelt, die Lebensbedingungen und das Trinkwasser vor Ort hat. Da sollte man sich schon die Fragen stellen: Muss es anderen Menschen schlecht gehen, nur damit wir billige Waren kaufen können? Und welchen Preis zahlen andere für unseren Konsum?
Was möchtet ihr Menschen mitgeben, die nicht viel Geld für Kleidung ausgeben können?
Es gibt immer eine Alternative zu Fast Fashion. Es gibt ein Überangebot an gebrauchter Kleidung – nicht nur auf Flohmärkten und in Second Hand Shops. Was auch cool ist und Spaß bringt, sind Kleidertausch-Parties oder einfach mit Freundinnen und Freunden Kleider tauschen.
Und so sieht es auch, wenn man einen Blick die Läden wirft.
Neugierig geworden? Auch bei uns finden Sie Kleidung von fairtragen. Bio, nachhaltig und cool garantiert!