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Der Wemkendorfer Wasserweg

Der Wemkendorfer Wasserweg

Märchenhaft: 7 Biotope auf einen Streich!
Es gibt etliche schöne Rundwanderwege im Ammerland, der Wemkendorfer Wasserweg aber ist ein ganz besonderer, ja vielleicht der bemerkenswerteste überhaupt. Auf knapp sieben Kilometern führt er mindesten sieben verschiedene Biotop-Typen vor Augen: darunter so rare wie Sandmagerrasen und so leckere wie Streuobstwiesen. Möglich wird dies vor allem durch das Herzstück des Weges, das Steenforths-Moor.

Als Ausgangspunkt, jeweils mit Parkmöglichkeit, empfiehlt sich der „Wemkendorfer Krug“ (Nordpol 6, 26215 Wiefelstede) oder der nur knapp einen Kilometer weiter nördlich gelegene OOWV-Trinkwasserlehrpfad am Nethener Wasserwerk (Am Wasserwerk 5, 26180 Rastede).
Wanderherz
Dieses „Wander-Wasser-Zeichen“ markiert den Weg: Er verläuft teilweise auf wenig befahrenen Asphaltsträßchen überwiegend aber auf unversiegelten, teils sandigen Wegen

Wer am Wemkendorfer Krug startet, folgt zunächst dem „Nordpol“ (= Straßennamen) Richtung Nord-Nordost, um dann, die Straße verlassend, den Kurs auf unbefestigtem Weg fortzusetzen. (Da es sich um einen Rundweg handelt, kann mensch auch genau andersrum laufen, etwa um sich den Lehrpfad bis kurz vor Schluss aufzuheben.) Nach etwa zwölf Minuten Gehzeit erreicht mensch das Wasserwerk Nethen mit dem OOWV-Lehrpfad zum Thema Trinkwasser. 
Allee
Durch diese Allee geht‘s Richtung Nethener Wasserwerk, zuvor wird en passant der „Nordpol“ überquert 

Trinkwasserlehrpfad: der Weg des Wassers – vom Brunnen zum Hahn
Direkt am Wasserwerk des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbandes (OOWV) erwartet der ganzjährig geöffnete, kostenlos zugängliche Trinkwasserlehrpfad große und kleine Wissensdurstige. Der Rundweg veranschaulicht den Weg des Grundwassers bis zu den zahllosen Zapfstelle in unseren Häusern, wo jede/r von uns täglich fast 120 Liter Trinkwasser aus dem Hahn sprudeln lässt. Rund 20 Stationen zeigen, wie unser Lebenselixier gefördert, aufbereitet und verteilt wird. Aspekte der Grundwassergefährdung und des Gewässerschutzes werden miteinbezogen. 

Der Hit bei den Kids wird besonders an warmen Tagen sicher der leuchtend hellblaue Pumpbrunnen im Eingangsbereich mit seinen drei Überlaufbecken sein. Nach vorheriger Anmeldung bietet der OOWV auch kostenlose Führungen durch das Wasserwerk und über den Lehrpfad an.
http://www.oowv.de/wissen/lehrpfade-und-infostandorte/informationseinrichtungen/trinkwasserlehrpfad-in-nethen/

Vom Lehrpfad zum Lehrpfad
Unmittelbar hinter dem Lehrpfad gilt es, die Wiefelsteder Straße zu überqueren: Achtung, hier wird gern davon Gebrauch gemacht, dass man über deutsche Landstraßen mit Tempo 100 km/h brettern darf!
Jenseits der Landstraße geht es auf einem Sandweg („Am Teich“) weiter. Links davon befinden sich die Absetzteiche des Wasserwerks mit einer erläuternden Infotafel. Die rötliche Farbe des Wassers rührt von dem natürlichen, aus dem Brunnenwasser herausgefilterten Eisen- und Mangangehalt, der sich hier als Schlamm absetzt. Etwas weiter rechts des Weges folgt ein abgezäunter ehemaligen Baggersee, umgeben von privaten Wochenend-/Feriendomizilen. Der Weg mündet in den „Molberger Weg“. Nach links folgend erreicht mensch nach etwa 100 Metern auf der rechten Seite der Straße den südlichen Zugang zum „Steenforths-Moor“. 
Moorschild
1997 zum „Tag des Wassers“ (= 22. März) wurde der Rundweg übers Steenforths-Moor eingeweiht. 1993 hatte der OOWV die zuvor für Sandabbau und später landwirtschaftlich genutzte Fläche erworben. Seither hat sich einiges getan, um daraus eine Musterfläche für den Grundwasserschutz zu machen – als sinnvolle Ergänzung zum Trinkwasserlehrpfad am Wasserwerk Nethen.

Ökologisch, pädagogisch + didaktisch wertvoll
Das Steenforths-Moor liegt im Hauptabsenkungsbereich der Trinkwasserbrunnen des Nethener Wasserwerks. Es dient heute als Modell für ökologisch sinnvollen Grundwasserschutz. Infotafeln erläutern die Entwicklung und die neu entstandenen Biotope. Die OBS Wiefelstede ist als Kooperationsschule an der Pflege der Streuobstwiese beteiligt: Angeleitet von der Landwirtschaftskammer nehmen Schüler:innen Bodenproben, um  bedarfsgerecht im Frühjahr Mist unter den Bäumen auszubringen. Ansonsten ist Dünger auf den Flächen tabu, an mehreren Stellen sind die Messköpfe für die Grundwasserüberwachung sichtbar. Im Herbst ernten sie Obst und mosten es. Auch die zahlreichen Nistkästen werden von den Kindern und Jugendlichen mitbetreut. Ferner haben die Schüler:innen an der Obstwiese eine Wallhecke aus heimischen Gehölzen angelegt.
Rundweg
Auf überschaubaren zwölf Hektar präsentiert sich ein ungewöhnlich strukturreiches Ensemble verschiedener Lebensräume. Es lohnt sich, diese auf dem etwa 2,5 km Rundweg zu erkunden. Der Wasserweg verlängert sich dadurch etwas.
Streuobst

Streuobstwiese: Bienen- und Vogelweide
Der Weg beginnt mit dem wohl lieblichsten Teil des Geländes und dem leckersten Biotop: der Streuobstwiese. Gleich auf der ersten Wiese lädt eine kleine Picknick-Ecke zu kontemplativer oder kulinarischer Rast ein. Alte Obstbaumsorten nehmen den Platz früherer Ackerflächen ein, Stickstoffdünger und Herbizide sind verbannt. Zahlreiche Nistkästen machen Höhlenbrütern großzügige Wohnungsangebote.
Obstblüte
Im Frühjahr wird die Obstwiese zur Bienenweide

Star
Ein echter Steenforths Star: Etliche Paare des obstliebenden Höhlenbrüters nutzen das Nistkastenangebot der Streuobstwiese

Die Wallhecke: eine Burg für Kleinvögel & Co
Die mit Gehölzen bepflanzten Wälle, die der Einfriedung dienen/dienten, sind ein gutes Beispiel dafür, dass sich Kulturlandschaft und Natur durchaus vertragen können. Die „grünen, lebenden Zäune“, im Norden auch „Knick“ genannt, sind als artenreicher Lebensraum und wirksamer Erosionsschutz von größtem Wert.  
Heckenbraunelle
Nicht allein die Heckenbraunelle liebt Wallhecken, auch gefährdetere Arten wie die Dorngrasmücke, die Nachtigall oder der Neuntöter jagen dort Insekten und finden dort Schutz und Nistmöglichkeiten
Neuntötermännchen
Neuntötermännchen auf Jagdansitzt

Sandmagerrasen: Lebensraum für Hungerkünstler
Trockenheit und Nährstoffarmut kennzeichnen dieses sehr selten gewordene Biotop. Bis auf wenige Reliktvorkommen ist dieser früher in unserer Geestlandschaft verbreitete Lebensraum verschwunden – und damit weitgehend auch die daran angepassten Pflanzen und Tiere, die mit speziellen Anpassungsstrategien den asketischen Bedingungen auf Sandboden trotzen.
Sandwespe
Sandwespe (Ammophila sabulosa) mit Beute: Die Raupe wird mit einem oder mehreren Stichen gelähmt und in die in den Sand gegrabene Larvenkammer geschleppt. Dort legt die Wespe an der Raupe ein Ei ab, aus dem nach wenigen Tagen die Larve schlüpft und bis zur eigenen Verpuppung die Raupe verzehrt.

Laub- und Mischwald: grüne Lunge und Wasserspeicher
Westlich des Standorts Sandmagerrasen ist ein Nadelwaldrestbestand zu sehen: früher ein reiner Wirtschaftswald. Quasi ihm gegenüber, auf der östlich Seite begrenzt ein Laubmischwald die Wildkräuter-Baumwiese. Als Wasserspeicher und Klimaverbesserer sind die grünen Kronen des Laubwaldes Kiefern- oder Fichtenplantagen klar überlegen.

Zahlen und Fakten zum Wald in Deutschland und weltweit:
www.nabu.de/natur-und-landschaft/waelder/lebensraum-wald/13284.html

Wilde Baumwiese: das gute Dutzend
Ein Dutzend heimische, standorttypische Laubbaumarten können auf der licht bepflanzten ehemaligen Weidefläche ihre arttypischen Wuchsformen voll entfalten. Dazwischen breitet sich durch natürliche Einsaat eine Wildkräuterwiese aus. Die Wiese wird nun nur noch extensiv bewirtschaftet, d. h.: keine Düngung und Maht lediglich ein bis zwei Mal im Jahr.
Turmfalke
Überm Offenland der Baumwiese jagen Mäusebussard und Turmfalke, dieses Falkenweibchen hat ein Großes Grünes Heupferd erbeutet
Hasen
Die Wildkräuterwiese ist ganz nach dem Geschmack dieser Hasen

Feuchtbiotop: Wasser ist Leben
Natürlich dürfen Feuchtwiese und Teich im Wasserschutzgebiet nicht fehlen. Sie stehen für eine Art Urzelle intakter Natur. Amphibien und Libellen – als im und aus dem Wasser sich entwickelnde Geschöpfe – führen uns vor Augen, dass Wasser buchstäblich der Quell des Lebens ist.
Großlibelle
Die Frühe Schilfjägerin (Brachytron pratense): ein „Ökokampfflieger“ geboren aus dem Wasser

Wasserfrosch
Ganz in seinem Element: der Wasserfrosch

Sukzessionsfläche: peux à peux zurück zur Natur
Am nördlichen Ende des Geländes darf sich eine sogenannte Sukzessionsfläche entwickeln. Das bedeutet: Auf einer ehemaligen Brache kann sich die Natur nach und nach (sukzessive) wieder in charakteristischer Abfolge ungestört ausbreiten.

Zurück zum Start
Danach geht es über den Hirtenweg auf den mit dem „W“ markierten Sträßchen und Wegen zurück. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass es dazu etliche Abkürzungs- oder Verlängerungsvarianten gibt: vorbei an Feldern mit Wallhecken und durch Alleen mit altem Baumbestand.

Direkt ins Steenforths-Moor?
Tipp: Sie haben keine Lust auf den 7-Kilometer-Rundweg? Oder Sie sind ohnehin eher ein Rosinenpicker bzw. konzentrieren sich gern aufs Wesentliche? Okay, dann erkunden Sie eben ohne Umschweife direkt das Steenforths-Moor. Es ist von Süden wie von Norden zugänglich und vor den jeweiligen Eingangsbereichen mit Parkplätzen versehen (P-Süd = Mollberger Weg ca. Nr. 67, Rastede, P-Nord = Hirtenweg ca. Nr. 46, Rastede). Die Wege sind Kinderwagen und Rollstuhl tauglich.
Biene und Pollen

Bildnachweis:
Titelbild:encierro
/AdobeStock
v_blinov/AdobeStock
haiderose/AdobeStock
Soloviova Liudmyla/AdobeStock
Fotos ©Johannes Kelschebach
Foto ©Falkenweibchen mit Beute: Prof. Lothar Wierschowski
Linknachweis: NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V.
Linknachweis: OOWV

„Namentlich gezeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Ansichten/Positionen des OOWV wieder. Es handelt sich um Beiträge der zeichnenden Autor:innen.“

 

 

 

Johannes Kelschebach

meist in Oldenburg und viel unterwegs...
Dürfen wir Sie fragen wie eigentlich alles begann?: Ja, dürfen Sie - studiert habe ich Neu,- und Altgermanistik und Philosophie. Danach war ich viele Jahre als Werbetexter und Kreativdirektor für Agenturen tätig.
Und heute?: Seit 2006 arbeite ich als freiberuflicher Kommunikationsberater.
In Ihrer Freizeit erleben Sie auch viel, oder?: Nun, ich bin oft unterwegs. Vor allem in der Natur. Wie sagt man so schön, als Naturgucker und Vogelbeobachter.
Bildnachweis/Portrait: Privat

Johannes Kelschebach

meist in Oldenburg und viel unterwegs...
Dürfen wir Sie fragen wie eigentlich alles begann?: Ja, dürfen Sie - studiert habe ich Neu,- und Altgermanistik und Philosophie. Danach war ich viele Jahre als Werbetexter und Kreativdirektor für Agenturen tätig.
Und heute?: Seit 2006 arbeite ich als freiberuflicher Kommunikationsberater.
In Ihrer Freizeit erleben Sie auch viel, oder?: Nun, ich bin oft unterwegs. Vor allem in der Natur. Wie sagt man so schön, als Naturgucker und Vogelbeobachter.
Bildnachweis/Portrait: Privat
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