Was hat Insektenschutz mit Gewässerschutz zu tun?
Kleine Krabbeltiere – Riesenthema
Zum Welttag des Artenschutzes verwies der OOWV auf den dramatischen Rückgang der Insekten: Studien belegen mancherorts einen Rückgang von 76 Prozent zwischen 1989 und 2014! Die Unternehmenstochter „Stadt.Land.Grün GmbH" für Landschaftsbau & Grüngestaltung baut fleißig Insektenhotels und bestückt damit Wasserwerke, Kläranlagen und Betriebsstellen. PR-Gag oder öko-logisch?
Insekten sind für unser komplexes Ökosystem von existenzieller Wichtigkeit. Dabei fällt uns Menschen als Erstes ihre unverzichtbare Funktion als Bestäuber von Obstbäumen ein; es sind aber sogar rund 80 Prozent unserer Pflanzen darauf angewiesen. Als Biomasse sind Kerbtiere ein Grundbaustein in der Nahrungskette. Viele Vogelarten hängen unmittelbar von ihnen ab. Als Gegenspieler von Schadinsekten, als Aasverwerter und Bodenaufbereiter im Zusammenwirken mit Mikroorganismen spielen sie eine allgegenwärtige Rolle: Ihre Bedeutung für den Stoffumsatz aller terrestrischen Ökosysteme ist unschätzbar.
Es geht auch um unser Leben
Eine gesunde Insektenvielfalt ist eine gute Voraussetzung für unbelastete Böden und sauberes Grundwasser. Dagegen tragen 90.000 Tonnen Pestizide pro Jahr nicht nur erheblich zum Artensterben bei, sie gefährden unsere überlebenswichtigen Ressourcen Böden und Süßwasser. Quälend langsam setzt sich politisch die Erkenntnis durch, dass es so nicht weitergehen kann. So sieht der jüngste Gesetzesentwurf des Bundesumweltministeriums zum Insektenschutz nun u. a. endlich den Ausstieg aus der massenhaften Verwendung des Totalherbizids Glyphosat vor. Auch soll künftig an Gewässerrändern grundsätzlich Pestizid-Einsatzverbot gelten.
Artenschutz ist Wasserschutz
Der OOWV handelt folgerichtig und pflichtgemäß, wenn er in seinem Versorgungsgebiet Wasserschutzgebiete mit Laubwald aufforstet, Streuobst- und Blühwiesen anlegt, sich also für strukturreiche, vernetzte Biotope und Artenschutz engagiert. Trinkwasserversorger und Abwasseraufbereiter müssen für unsere Daseinsfürsorge erheblich in den natürlichen Wasserkreislauf eingreifen. Genau deshalb gehört ein ökologisches Leitbild zur gesellschaftlichen Verantwortung solcher dem Gemeinwohl verpflichteten Unternehmen. Insektenhotels am Wasserwerk? Na öko-logisch!
Wohnungsbau im großen Stil
So sieht eines der professionell gebauten Insektenhotels der OOWV-Tochter "Stadt.Land.Grün" aus:
Hier bieten verschiedene Abteilungen mit Materialien wie Bambus, Schilfrohr, aufgebohrtem, gut getrocknetem Hartholz, Lehm etc. Raum für diverse Arten. Klarer Schwerpunkt: Nistangebote für Wildbienen und Solitärwespen. Die Holzklötze unten dienen nicht etwa als Kaminholzvorrat: Das Totholz darf dort verrotten und dient zahlreichen Arten (z. B. Rosen- und Bockkäfern) als Nahrung, Baumaterial, Unterschlupf und Lebensraum. Südausrichtung und großzügiger Dachüberstand als Witterungsschutz, sollten auch bei kleineren DIY-Bauten berücksichtig werden.
Werfen wir rasch einen näheren Blick auf einige der eingerichteten Zimmerangebote:
Insektenhotels im eigenen Garten oder auf dem Balkon
Wer nicht Zeit noch Lust hat, selbst ein Insektenhotel zu bauen, findet zahllose günstige Angebote für „Fertighäuschen“. Hier ein Beispiel, an dem sich Sinn und Mindersinn solch einfacher Konstruktionen aus dem Handel zeigen lassen:
Pluspunkte: Der Standort ist hier eine Brennholzschuppenwand mit Südausrichtung, der Dachüberstand schützt vor Nässe. So können auch Billighäuschen jahrelang der Witterung trotzen. Bei den Pflanzen handelt es sich um Schmetterlingsflieder und Efeu. Ersterer nährt Tagfalter und Hummeln, letzterer ist mit seiner späten Blüte eine wertvolle Bienenweide. Rechts unten ist an eine Insektentränke gedacht (nicht im Bild, s.u.).
Minuspunkt: Der Kasten rechts mit dem blauen Dach soll ein „Schmetterlingshotel“ sein. Das klingt zwar romantisch, aber von den 6 bei uns überwinternden Tagfalterarten (z. B. Zitronenfalter und Tagpfauenauge) wird sich da eher keiner einquartieren. Sehr viel besser wäre ein Kasten mit Bambus- oder Schilfröhrchen für Hohlraum besiedelnde Wildbienen.
Kleine Gartenblattschneiderbiene auf lila Blüte einer Verbenum, Bildnachsweis:pwmotion/AdobeStock
Steckbrief Wildbienen
Von den gut 550 bei uns vorkommenden Wildbienenarten gilt jede dritte als bedroht. Die meisten (95 %) Wildbienenarten bilden keine Staaten wie unsere Honigbiene, sie leben solitär. Als Brutzellen dienen u. a. hohle Pflanzenstängel, die mit Pollen als Nahrung für die Larve befüllt und mit zerkautem Material wie z. B. Pflanzenteilen oder Lehm fest verschlossen werden. Viele Arten benutzen aber auch Erdlöcher. Flächenversiegelung ist daher neben der Verdrängung strukturreicher Lebensräume durch monotone Agrarsteppen eine Hauptbedrohung.
Insektenhotel vom Discounter?
Hier lässt sich erkennen, was nützt: Die mittlere Abteilung mit den Bambusröhrchen und den aufgebohrten Hartholzstücken wird eifrig von Hohlraumbrütern wie Wildbienen und Solitärwespen genutzt. Die Strohabteilung unterm Giebel soll Ohrenkneifer beherbergen, das rote Abteil mit dem Horizontalschlitz und Stroh Florfliegen und Marienkäfer. Also unser Blattlausvertilgungs-Trio. Häufig mit dabei, selten sinnvoll: die Zapfenkammer (nicht im Bild). Biologen stehen vor einem Rätsel; Hersteller sehen hier einen Unterschlupf für Ohrenkneifer o.ä.?
Auf Draht sein!
Damit das Insektenhotel nicht zum Vogelfutterhäuschen wird, ist die biologisch sinnvollste Abteilung mit den Röhren für die Hohlraumbesiedler durch nachträglich aufgetackerten Draht gegen Fressfeinde geschützt. Wichtig sind dabei die Distanzhölzer links und rechts! Wird der Draht direkt über die Halme getackert, kommt der Buntspecht dennoch zum Zuge. Nicht einmal die leckerste Ablenkfutterstelle wird ihn davon abhalten, sämtliche Larven zu verspeisen – egal wie gut sie „verputzt“ sind. Bei fast allen vorgefertigten Fly-Inns fehlt dieser wesentliche Schutz. Dafür gibt’s ein paar unsinnige Kiefernzapfen …
Auch 6-Beiner sind durstig. Die Bar in der Nähe des Hotels macht Sinn, denn beim Verschließen der Brutröhren mit z. B. zerkautem Lehm kann auch dem fleißigsten Bienchen schon mal „die Spucke“ wegbleiben. Wichtig ist das Auffüllen mit Kieseln o. ä. damit aus der Tränke keine Ertrink-Falle wird.
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Titelbild: natali_mis/AdobeStock
Fotos ©Johannes Kelschebach
Fotos ©Stadt.Land.Grün GmbH