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Mein Weg zum Gründach (Teil 3)

Mein Weg zum Gründach (Teil 3)

Das verflixte 1. Jahr

Ein Gründach trägt als „Ökoschwamm und Augentrost“ dazu bei, den Wasserkreislauf insbesondere in unseren Städten wieder ein klein wenig den natürlichen Gegebenheiten anzunähern. Begrünte Gebäudedächer kompensieren zumindest teilweise die Versiegelung der überdachten Grundfläche, vor allem indem sie Wasser speichern können. Hinzu kommt die „Ökodienstleistung“, welche die Pflanzengemeinschaft, die auf ihnen wächst, als urbanes Minibiotop erbringt. Deshalb gilt, wo immer es möglich ist:

 

Schwamm drüber!

Gründächer helfen dabei, dass Niederschlagswasser wieder natürlich verdunsten und versickern kann. Denn sie nehmen wie ein Schwamm Regen auf, statt ihn sofort über unsere Kanalisation nutzlos gen Nordsee abzuleiten.

In Teil 1 "Mein Weg zum Gründach" habe ich die Voraussetzungen für die Anlage eines Gründachs erklärt und was zu tun ist, um in den Genuss der lukrativen Förderung zu gelangen, wie sie beispielsweise die Stadt Oldenburg gewährt.

In Teil 2 „Mein Weg zum Gründach“ habe ich geschildert, wie der Plan umgesetzt wurde, und „Stadt- Land. Grün.“ das 5-schichtige System von der Wurzelschutzfolie bis zur Systemerde „Steinrosenflur“ aufgebaut hat. Schließlich konnte die Samenmischung „Bienenweide“ ausgesät werden und weil es wie bestellt regnete, spross nach drei Wochen im Oktober erstes zartes Grün. 

Der Artikel endet mit einem klassischen „Cliffhanger“: Ich hatte beim zuständigen OOWV eine Niederschlagswasserbeseitigungsentgeltreduzierung beantragt. An diesen wunderbaren Silbenschleppzug muss ich also zunächst ankoppeln:

 

Niederschlagswasserbeseitigungsentgeltreduzierungsbescheid

Zur Erinnerung: Es geht darum, dass für eine Gründachfläche 50 Prozent Nachlass auf das Niederschlagswasserbeseitigungsentgelt gewährt werden. Nach dem etwas umständlichen Antragsprozedere ist zunächst Geduld gefragt (in meinem Fall zwei Monate) und sodann erhöhte Wachsamkeit, wenn’s OOWV-Post gibt:  Statt einer Mitteilung, ob der „Antrag“ erhört wurde, muss der aufmerksame Kunde abwarten, was die nächste Abrechnung für seine „Verbrauchsstelle“ ausweist. Im Vergleich zur Abrechnung vor der Gründachanlage (genauer der Antragseinreichung) kann er dann erkennen, ob seiner Darstellung Glauben geschenkt wurde.

Der Umstand, dass ein frischgebackener Gründacheigner den Erhebungsbogen für seine gesamte Immobilie ausfüllen muss, ist tatsächlich etwas umständlich, kann sich aber buchstäblich auszahlen. In meinem Fall beispielsweise hatte der Vorbesitzer die Größe der überbauten und versiegelten Flächen voller Bauherrenstolz recht großzügig bemessen angegeben. Mit der Neufestsetzung kann in einem solchen Fall eine Ersparnis erzielt werden, die über den 50 Prozent Nachlass für die Gründachfläche hinausgeht.

 

Es bleibt alles beim Alten

Der guten Ordnung halber hab ich mich erkundigt, ob sich am Antragverfahren etwas geändert hat oder ändern soll und ob der Entgeltnachlass im gesamten OOWV-Gebiet gilt. Hier die Antwort:

Aktuell ist keine Änderung vorgesehen - die Anfragen kommen nicht in der Häufigkeit vor. Daher melden sich interessierte Verbraucherinnen und Verbraucher per Telefon, wir senden den Bogen raus und der Empfänger leistet Selbstauskunft zur anrechenbaren Fläche mit entsprechenden Belegen. 

Die Niederschlagswasserbeseitigungsentgeltreduzierung ist dort möglich, wo wir innerhalb des Verbandsgebietes für die Abrechnung des Niederschlagswassers zuständig sind. Manche Gemeinden bieten bzw. boten Förderprogramme für Grünbedachung bzw. Reduzierung der versiegelten Fläche an. In jedem Falle erfolgt die Beantragung allerdings über das per Telefon zu bestellende Formular. 

 

Das erste Jahr ist immer das schwerste

Aller Anfang ist schwer, das gilt naturgemäß auch für eine frische Saat aus der ein Kleinbiotop werden soll. Zarte Keimlinge sind nun mal empfindlicher als eine etablierte, eingewachsene Pflanzengemeinschaft. Ein milder Winter und ein bis zum 22. Mai barmherzig feuchtes Frühjahr machten meiner „Bienenweide in Spe“ zunächst das Leben nicht allzu schwer. Dann jedoch die erst Krise: wochenlang kein Tropfen Regen …

Mairegen bringt Segen: Am 22. Mai ist noch alles im grünen Bereich, nach dem letzten Regen blüht vereinzelt bereits Mohn auf.

 

Sonne satt: Das geht ans Blatt!

Nun zeigt sich eine Schwäche des Gründachs: Es ist eben sehr sonnenexponiert. Bei meinem Dach gibt es lediglich durch das Wohngebäude für einige Stunden am Tage eine Teilverschattung. Der größere Teil der Dachfläche muss Sonne und Trockenheit ertragen. Einige Pflanzen der kommenden „Bienenweide“ zeigen deutliche Trockenschäden. Ich vereinbare einen Orts- und Beratungstermin mit René Bruns von „Stadt. Land Grün.“

9. Juni: Trockenheit und 14 Stunden Sonne/d zeigen Wirkung, zwar blühen einige Kornblumen, aber auch Trockenschäden sind sichtbar.

 

Ich bin ja so verschossen – in meine Sedumsprossen

… die großen und die kleinen sind meine Freud‘. 

In der 3-wöchigen Dürrephase zeigt sich bei genauem Hinsehen, das ein Teil meiner Saatmischung auch solche Krisen recht gut wegsteckt. Sukkulenten wie Sedum/Mauerpfeffer aus der Familie der Dickblattgewächse sind Pflanzen, die Wasser in ihren Sprossen und Blättern speichern können und deshalb auch sehr sonnige Standorte und Trockenperioden ertragen. 

Sedumsprossen sind kleine grüne Wasserspeicher, sie haben die Trockenperiode am besten überstanden

 

„Am Tag als der Regen kam …“

„ … lang ersehnt, heiß erfleht“, ein echter Evergreen, der wieder mehr Grün aufs Gründach brachte. Die zweite Junihälfte bringt endlich den dringend benötigten Regensegen! Das Gründach schluckt gierig weg, was früher ungenutzt in den Kanal pladderte.    

Wasser ist Leben: Das Gründach blüht nach dem ersten warmen Sommerregen auf. Hier ist gut erkennbar, wo eine Teilverschattung Hitze und Dürre abmilderte.

 

Ein Ökoschwamm ist voll cool

Sehr ausgeprägt ist der Isoliereffekt im Raum unter dem Gründach. Die Bio-Wärmedämmung ist geradezu frappierend wirkungsvoll! Nach zwei drei Sommertagen mit 15 Stunden Sonnenschein war früher in meiner Garage die Luft unterm schwarzen Bitumenflachdach „zum Schneiden“ und riss ganz fix die 30 Gradmarke. Jetzt liegt die Temperatur kaum einmal über 20 Grad. Schade bloß, dass unsere Fahrräder und das doofe Auto, das nicht zu schätzen wissen.  

Am 9. Juli betrug die Außenthemperatur in Oldenburg satte 32 °C im Schatten. Das hätte unterm schwarzen Bitumendach sicher 40 Grad plus x bedeutet. Tatsächlicher Wert unterm jetzigen Gründach: coole 22 °C! (bei 62 % relativer Luftfeuchte)

 

Gründach-Pflege: Was ist zu tun?

In der „schönen Jahreszeit“ wird auch in unseren Breiten eine sehr unschöne Folge der globalen Erderwärmung zunehmend deutlicher: länger anhaltende Trockenperioden insbesondere während der Vegetationsphase.  Gründächer sind oft der Prallsonne preisgegeben und entsprechend betroffen. Ich habe mich daher mit René Bruns, Meister GaLaBau bei Stadt. Land. Grün., verabredet, um mich mit ihm über mein Gründach und notwendige, aber auch unnötige Pflegemaßnahmen zu unterhalten

René Bruns, Meister GaLaBau bei Stadt. Land. Grün., erläutert im Gespräch 9 Monate nach der Aussaat, was nun am Gründach „Steinrosenflur“ mit der Saatmischung „Bienenweide“ zu tun und zu lassen ist. Foto: Stadt Land Grün

 

einfach Heimat: Herr Bruns, Gründächer sind oft stark der Sonne ausgesetzt, deshalb sind sie vom Problem der Trockenheit in der Hauptwachstumszeit betroffen: Was ist zu beachten? 

Wichtig ist zunächst die richtige Pflanzenmischung! Die haben wir genommen, nämlich durchweg Pflanzen, die mit wenig Wasser auskommen und die auf mageren Böden gut gedeihen.

 

einfach Heimat: Wann muss dennoch gewässert werden?

Gar nicht. Der Systemaufbau des Bodens ist von der Drainschicht bis zum porösen Vulkangestein ein nachhaltiger Wasserspeicher. Die Sedumarten, die dort wachsen speichern ihrerseits Wasser in Blättern und Sprossen. 

 

einfach Heimat: Wenn ich dennoch mit Stellen „unglücklich“ bin, wo verdorrte Blühpflanzen die Anmutung einer Ausfallflächen ausstrahlen, wie steht es mit Möglichkeiten der Neusaat bzw. Nachpflanzung?

Das ist problemlos möglich, mit Steingartenstauden oder Lauch kann man durchaus nach Gusto auch ein bisschen was ergänzen. Das macht man ja im Garten auch.

Lauch geht auch: Knoblauch auf hohem Niveau! Der genügsame Flachwurzler sieht auf diesem Gründach dufte aus, und für die Blüten schwärmen viele Bienenarten.

 

einfach Heimat: Mich hatte eine Freundin vor einiger Zeit auf Teppichthymian und Co. aufmerksam gemacht …?

Genau, solche Pflanzen sind gut geeignet, auch die Ausgangssaat beinhaltete ja bereits einige Thymus-Arten. Da können ohne weiteres auch vorgezogene Pflanzen eingesetzt werden. Aber bitte nur solche, die für Steingartengesellschaften taugen.

Vollblüte noch Mitte Oktober: Die artenreichen Sempervivum Dickblattgewächse speichern in ihren Blättern Wasser, das gibt Saft und Kraft für den Steingarten auch auf der Garage

 

einfach Heimat: Wie „pflegebedürftig“ ist grundsätzlich mein Gründach?

Es ist schon sehr genügsam und begnügt sich mit ein bis zwei Pflegegängen pro Jahr. In den Monaten März bis April sollte man nachschauen, was da so an untauglichem Fremdbewuchs aufkommt und im Herbst dann noch einmal, was an Laubfracht auf der Grünfläche gelandet ist. Es geht um Blätter und aufkommende Samen der benachbarten Birken und Erlen, ferner um den unerwünschten Wildwuchs von Wicken und Gras. Die sollten noch vorm Aussamen vom Dach. 

 

einfach Heimat: Wie trittempfindlich ist denn die Fläche?

Zwar ist ein Gründach kein Garten, in dem man ständig umherläuft, aber gerade die kleinsten der Pflanzengemeinschaft, wie die Sedumsprossen, sind erstaunlich robust und richten sich sehr rasch wieder auf, wenn sie niedergetreten werden. Also die ein bis zwei Pflegegänge pro Jahr sind locker drin.

 

einfach Heimat: Wenn meine Bienenweide auf die maximale Höhe von 40-50 cm sprießt: muss sie dann auch gemäht werden? 

Nein, das kann einfach abtrocknen, und insbesondere bei größeren Mengen, wird die Biomasse dann behutsam abgeharkt.

 

einfach Heimat: Im Web fand sich die Empfehlung, ein Mal im Jahr zu düngen

Im Web kann man alles finden – auch viel Quatsch. Weder die Steingarten- noch die Magerrasenarten benötigen zugefügte Nährstoffe. Der Name “Mager” signalisiert uns ja schon “wenig Nährstoffe”, düngen ist somit überflüssig. Apropos „überflüssig“, was man wirklich tun muss, ist darauf zu achten, dass die Wasserabläufe frei und funktionstüchtig sind, damit im Falle eines Starkregens überflüssiges Wasser abfließen kann! Denn auch der beste Wasserspeicher kommt irgendwann an Grenzen.

 

einfach Heimat: Die explodierenden Strompreise haben einen Run auf sogenannte Balkonkraftwerke ausgelöst. Ich bin bereits in Teil 1 auf die Kombination PVA und Gründach eingegangen, wie sehen Sie das heute?

Es ist vorteilhaft, eine Photovoltaikanlage mit einem Gründach zu kombinieren: Das Dach heizt sich nicht so auf und die PVA kann besser arbeiten. Die Teilverschattung der Dachfläche durch die PVA entschärft im Gegenzug die sommerlichen Trockenphasen. Ideal ist eine Aufständerung der PV-Module mit mindestens 30 cm Abstand der unteren Modulkante zum Substrat. Das erleichtert die Pflege.

Also: Doppelt „öko“ hält besser!

 

Bildnachweise:

Titelbild: Johannes Kelschebach

Bild Sedumsprossen: AobeStock/Olena Shvets

Johannes Kelschebach

meist in Oldenburg und viel unterwegs...
Dürfen wir Sie fragen wie eigentlich alles begann?: Ja, dürfen Sie - studiert habe ich Neu,- und Altgermanistik und Philosophie. Danach war ich viele Jahre als Werbetexter und Kreativdirektor für Agenturen tätig.
Und heute?: Seit 2006 arbeite ich als freiberuflicher Kommunikationsberater.
In Ihrer Freizeit erleben Sie auch viel, oder?: Nun, ich bin oft unterwegs. Vor allem in der Natur. Wie sagt man so schön, als Naturgucker und Vogelbeobachter.
Bildnachweis/Portrait: Privat

Johannes Kelschebach

meist in Oldenburg und viel unterwegs...
Dürfen wir Sie fragen wie eigentlich alles begann?: Ja, dürfen Sie - studiert habe ich Neu,- und Altgermanistik und Philosophie. Danach war ich viele Jahre als Werbetexter und Kreativdirektor für Agenturen tätig.
Und heute?: Seit 2006 arbeite ich als freiberuflicher Kommunikationsberater.
In Ihrer Freizeit erleben Sie auch viel, oder?: Nun, ich bin oft unterwegs. Vor allem in der Natur. Wie sagt man so schön, als Naturgucker und Vogelbeobachter.
Bildnachweis/Portrait: Privat
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