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Mein Weg zum Gründach (Teil 1)

Mein Weg zum Gründach (Teil 1)

Wiederholt war an dieser Stelle bereits die Rede von Gründächern insbesondere für unsere Städte, die mit Starkregen und Hitzesommern besonders zu kämpfen haben, etwa in den Ausführungen zu „Regenwasserbewirtschaftung als Gewässerschutz“ und „Starkregen: kein Segen“. Gründächer können dazu beitragen, unsere Kanalisation und Kläranlagen zu entlasten, indem sie wie ein Schwamm Niederschlagswasser aufnehmen und peu à peu verdunsten. Ein Beitrag zum natürlichen Wasserkreislauf, der zudem wärmedämmend und Kleinklima kühlend wirkt und im günstigen Fall zum urbanen Minibiotop werden kann.

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“
… wusste schon Erich Kästner, deshalb habe ich mich entschlossen, mein 50 Quadratmeter Garagenflachdach in Oldenburg vom tristen Bitumenfinsterling in einen grünen Augentrost zu verwandeln.

In Teil I berichte ich über wichtige Voraussetzungen und lukrative kommunale Förderung.

So sieht’s aus: Gut 50 Quadratmeter Flachdach sollen grün werden. Die typischen Bitumenbahnen altern übrigens nicht zuletzt durch das starke Aufheizen im Sommer. Eine Begrünung wirkt dem entgegen und zudem wärmedämmend für den Raum unterm Dach.
So sieht’s aus: Gut 50 Quadratmeter Flachdach sollen grün werden. Die typischen Bitumenbahnen altern übrigens nicht zuletzt durch das starke Aufheizen im Sommer. Eine Begrünung wirkt dem entgegen und zudem wärmedämmend für den Raum unterm Dach.

Die Statik muss stimmen
Auch wenn bei „Gründach“ an ein sogenanntes „extensives“ – also mit flachem, oft magerrasenartigem Bewuchs – gedacht ist, muss insbesondere bei einem Flachdach die Frage der Belastbarkeit geklärt werden. Denn auch hier lastet ein Gewicht von 60 bis 150 Kilogramm auf jedem Quadratmeter – zumal bei Nässe. Entsprechend habe ich zunächst in ein statisches Gutachten investiert, das mit 300 Euro (+ USt.) zu Buche schlug. Immerhin fällt das Ergebnis günstig aus: „Die vorhandene Konstruktion kann durch ein Gründach belastet werden!“ befindet das Ingenieurbüro: bis zu einem maximalen Gesamtgewicht (wirkende Kraft) von 1,5 kN/m2. Da 1 Kilonewton rund 102 Kilogramm entspricht, macht das 153 Kilogramm pro Quadratmeter. Für ein „intensives“ Gründach mit hohem Bewuchs wie in einem Garten zu wenig, für ein „extensives“ gerade richtig.


Ein Auszug aus dem Gründachpotenzialkataster der Gartengroßstadt Oldenburg zeigt: jede Menge Möglichkeit
Ein Auszug aus dem Gründachpotenzialkataster der Gartengroßstadt Oldenburg zeigt: jede Menge Möglichkeit


Das Gründachkataster der Stadt Oldenburg
Um es Interessenten leichter zu machen, festzustellen, ob ein Dach von der Bauart und dem Standort her für ein Gründach infrage kommt, bietet die Stadt Oldenburg einen praktischen Service: https://www.solare-stadt.de/oldenburg/Gruendachkataster

Hier lässt sich adressgenau nachschauen, welche Dachflächen geeignet erscheinen. Denselben Service gibt es auch für die Eignung von Dachflächen für Solaranlagen. Für mein Flachdach ist das Ergebnis: Grünes Licht fürs Gründach, rotes für eine Photovoltaikanlage. Letzteres wohl wegen gelegentlicher Teilverschattung der fraglichen Fläche.






Gründach oder Solaranlage? Möglichst beides!

Auch wenn es auf meinem Flachdach im Tagesverlauf mitunter etwas schattig ist, grundsätzlich ist die Kombination von Dachbegrünung und PV-Anlage immer eine Überlegung wert.
Der Schattenwurf der aufgeständerten PV-Module lässt sich bei der Bepflanzung konstruktiv berücksichtigen.


Photovoltaik-Module lassen sich an geeigneten Standorten hervorragend mit extensiver Dachbegrünung kombinieren. Hilfreiche Infos:
https://www.energieinstitut.at/gruendach-pv/



Wünschenswert: gut bedacht und gut gemacht
Wer nicht selbst aufs Dach steigen mag oder kann, braucht versierte Handwerker. Wo es um etwas mehr als wenige Quadratmeter Carportdach geht, ist es ratsam, kompetente Fachleute ran zu lassen, denn ein Dach, das nachher nicht dicht ist oder bei dem die Entwässerung aus dem Ruder läuft ist kein Spaß. Dachdecker und einige Garten- und Landschaftsbauer bieten die Anlage von Gründächern an. Meine Wahl fällt schließlich auf die OOWV-Tochter Stadt. Land. Grün. für Landschaftsbau und Grüngestaltung. Der Kostenvoranschlag für die Dachbegrünung mit der Ansaat von Sedumsprossen (Mauerpfeffer, ein Dickblattgewächs, das Wasser speichern kann) weist eine Summe von rund 5.600 Euro (+ USt.) aus. Keine Kleinigkeit für überschaubare 50 Quadratmeter.

Im Web (wie auch gedruckt) werden die Kosten für ein Gründach übrigens gern mit 30 Euro pro Quadratmeter angegeben. Leider fehlt immer der Hinweis, welcher Dachdecker in der analogen Wirklichkeit dafür arbeitet.

Ökologische Regenwasserbewirtschaftung hat ihren Preis
Auch wenn es gelegentlich gut gemeinte Hinweise zu lesen gibt, ein Gründach sei nicht bloß ökologisch, sondern auch ökonomisch betrachtet ziemlich weit oben: Mit der harten wirtschaftlichen Realität ist diese schöne Theorie leider nur schwer in Einklang zu bringen. Ja, es ist richtig, dass ein Gründach eine Wärmeschutzfunktion erfüllt – und Heizkosten gehen derzeit durch die Decke. Aber selbst, wenn ich in meiner Garage wohnen würde, müsste ich bis zum Return on Investment dort recht lange verweilen. Immerhin lässt sich sagen, dass es sich um eine werthaltige Investition in eine Immobilie handelt, was in Niedrigzinszeiten nicht das Schlechteste ist.  

Regenwasserbeseitigungsentgeltnachlassprozentsatz
Zudem gibt es einen tüchtigen Nachlass beim „Regenwasserbeseitigungsentgelt“. Ja, genau so heißt dieser 10-gliedrige Silbenschleppzug in korrektem Amtsdeutsch. Er beträgt für das Gebiet der Stadt Oldenburg immerhin 50 Prozent auf die Gebühr von 0,46 Euro pro Quadratmeter überbauter Fläche. Eine Dachbegrünung gilt als „Teilentsiegelung“: daher die 50%-Regelung. Selbstredend muss ein Antrag gestellt werden, um in den Genuss derselben zu kommen – formlos. Bei meinem Flachdach geht es also um 50 Prozent Nachlass von 50 x 0,46 EUR = 23 Euro.

Fazit: Beim Investieren in ein Gründach sollte der Glaube an das ökologisch Sinnvolle stärker sein als der an eine wachstumsorientierte Rendite.

Förderung hilft beim Finanzieren
Weil ein Gründach zu einer dem Gemeinwohl zuträglichen ökologischen Regenwasserbewirtschaftung beiträgt, gibt es öffentliche Förderprogramme, die Bauherren die Finanzierung erleichtern. Ein solches Programm gibt es beispielsweise auch in Oldenburg.

Die Förderung durch Zuschüsse gilt für:

  • extensive bis intensive Dachbegrünung innerhalb des Stadtgebiets Oldenburg von mindestens zehn Quadratmetern zusammenhängender Fläche
  • Dachbegrünungen, die durch einen Fachbetrieb ausgeführt werden
  • Dachbegrünungen, die mindestens 10 Jahre nach Fertigstellung erhalten werden

Die Höhe der Förderung:

  • Bis zu 50 Prozent der gesamten Durchführungskosten, maximal jedoch 50 Euro/m2
  • Zusätzlich Übernahme der Kosten für die Statikprüfung, maximal 600 Euro
  • Höchstfördersumme pro Antragsteller*in und Jahr = 20.000 Euro


Für so ziemlich alle öffentlichen Förderprogramme gilt: Erst nach der Förderzusage mit der Projektausführung loslegen!
Hier informiert Oldenburg zur Förderung der Dachbegrünung: https://www.oldenburg.de/startseite/buergerservice/osiris/anliegen-a-z/dienstleistung/show/dachbegruenung-foerderung-dachbegruenung.html

Förderung auch der Statikprüfung:

  • Ein separater Antrag ist für die Förderung des statischen Gutachtens zu stellen
  • Die Höchstförderung beträgt 600 Euro
  • Auch hier gilt: erst nach der Förderzusage den Statiker beauftragen


Aller Antrag ist schwer …
Wer gelegentlich das zweifelhafte Vergnügen hatte, bei einem Amt etwas zu beantragen, der wird sich vor den vier Seiten Antragsformular der Stadt Oldenburg allenfalls mäßig erschrecken. Wichtig: Der Antrag ist persönlich zu unterzeichnen, muss also ausgedruckt und unterschrieben per analoger Post eingeschickt werden!

Die unter Punkt IV. aufgelisteten Unterlagen können dagegen auch digital per E-Mail versandt werden. Für den „Grundstücksplan“ wird ein kostenpflichtiger Auszug vom Katasteramt gefordert, der mit 18 Euro (+ USt.) zu Buche schlägt. Dass das Gründachkataster der Stadt genau diesen Geodaten folgt, hilft da wenig. Vorschrift ist Vorschrift, ist …

Hier geht’s zum Antrag: https://www.oldenburg.de/fileadmin/civserv/100/forms/43/430/2.1.1_Antragsformblatt_Da_Zuschuss_Antragssteller_b_1_.pdf

Es ist noch Geld im Fördertopf
Bei der Stadt Oldenburg ist das Amt für Umweltschutz und Bauordnung für die Gründach-Förderung zuständig. „einfach Heimat“ bat Björn Helmich, Dipl. Ing. Landschaftsbau und Freiraumplanung vom Fachdienst Stadtgrün – Planung und Neubau, um eine kurze Zwischenbilanz für das Förderjahr 2022:

Wie viele Anträge wurden gestellt, Herr Helmich?
Es gab 20 Anträge, von denen zwei bereits umgesetzt sind. Im gesamten Förderjahr 2021 waren es 51 Anträge, davon sind mindestens 30 inzwischen realisiert.

Wie viele Anträge konnten Sie positiv bescheiden bzw. mussten Sie ablehnen?
Keiner der eingereichten Anträge wurde abgelehnt, alle Projekt erhielten zunächst einmal eine Förderzusage.

Welche Nachbesserung/Ergänzung zum Förderantrag mussten Sie am häufigsten anmahnen?
Relativ häufig fehlte irgendeine Kleinigkeit, obwohl unser online-Formular ja mit einer klaren Liste der geforderten Unterlagen versehen ist. Am häufigsten fehlt ganz einfach die persönliche Unterschrift!

Welches Fördervolumen haben Sie für die Vorhaben dieses Jahr bislang zugesagt?
Zugesagt haben wir für 2022 Fördergelder von insgesamt etwa 35.000 Euro.

Was ist denn für die 2. Jahreshälfte noch im Topf?
Immerhin noch 160.000 Euro. Da ist also noch Luft nach oben: für etliche Quadratmeter Gründach.

Ihr Fazit zum Förderprogramm bislang ...?
Bislang haben wir insgesamt 3.500 Quadratmeter Gründach gefördert. Das ist auf jeden Fall besser als nichts. Gemessen einerseits am Potenzial geeigneter Dachflächen in Oldenburg, vor allem aber an den Flächen, die im Lauf eines Jahres versiegelt werden, ist das leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Mehr Gründächer und weniger Flächenversiegelung bzw. da, wo es machbar ist, auch der Rückbau von Versiegelung täte unserer Stadt sicher gut.

Abb. Dach mit Sedum Sukkulenten wie Sedum/Mauerpfeffer sind Pflanzen, die Wasser in ihren Sprossen und Blättern speichern können und deshalb sehr sonnige Standorte vertragen.
Abb. Dach mit Sedum Sukkulenten wie Sedum/Mauerpfeffer sind Pflanzen, die Wasser in ihren Sprossen und Blättern speichern können und deshalb sehr sonnige Standorte vertragen.

Förderzusage liegt vor!
Etwa zwei Wochen, nachdem ich meinen (persönlich unterschriebenen) Förderantrag gestellt habe, bekomme ich meine Förderzusage der Stadt Oldenburg: „Fördersumme nach Angaben Ihres Antrages: max. Zusage von 2.671 Euro“

Na bitte!

Jetzt kommt das Schwerste: Versuchen Sie mal, einen Handwerkertermin zu bekommen …

 

 

 

 




 

Johannes Kelschebach

meist in Oldenburg und viel unterwegs...
Dürfen wir Sie fragen wie eigentlich alles begann?: Ja, dürfen Sie - studiert habe ich Neu,- und Altgermanistik und Philosophie. Danach war ich viele Jahre als Werbetexter und Kreativdirektor für Agenturen tätig.
Und heute?: Seit 2006 arbeite ich als freiberuflicher Kommunikationsberater.
In Ihrer Freizeit erleben Sie auch viel, oder?: Nun, ich bin oft unterwegs. Vor allem in der Natur. Wie sagt man so schön, als Naturgucker und Vogelbeobachter.
Bildnachweis/Portrait: Privat

Johannes Kelschebach

meist in Oldenburg und viel unterwegs...
Dürfen wir Sie fragen wie eigentlich alles begann?: Ja, dürfen Sie - studiert habe ich Neu,- und Altgermanistik und Philosophie. Danach war ich viele Jahre als Werbetexter und Kreativdirektor für Agenturen tätig.
Und heute?: Seit 2006 arbeite ich als freiberuflicher Kommunikationsberater.
In Ihrer Freizeit erleben Sie auch viel, oder?: Nun, ich bin oft unterwegs. Vor allem in der Natur. Wie sagt man so schön, als Naturgucker und Vogelbeobachter.
Bildnachweis/Portrait: Privat
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