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Mein Weg zum Gründach (Teil 2)

Mein Weg zum Gründach (Teil 2)

Ökoschwamm und Augentrost

Gründächer können dazu beitragen, in unseren Städte dem natürlichen Wasserkreislauf wieder eine Chance zu geben, das heißt: Sie helfen dabei, dass Niederschlagswasser wieder natürlich verdunsten und versickern kann. Begrünte Dächer nehmen wie ein Schwamm Regen auf, statt ihn sofort über unsere Kanalisation abzuleiten.

In Teil 1 (https://einfach-heimat.de/wissen/Beitrag/grundacher:-okoschwamm-und-augentrost) habe ich von meinem Entschluss berichtet, gut 50 Quadratmeter Garagenflachdach vom tristen Bitumenfinsterling in einen grünen Augentrost zu verwandeln, was dabei zu bedenken ist und wie öffentliche Fördermittel als finanzielle Unterstützung eingebunden werden können. Nun geht es darum, den Plan umzusetzen und die Grundlage für ein urbanes Kleinbiotop zu schaffen.

Der richtige Zeitpunkt: möglichst mit Regenwasser

Im Mai ist der Plan für die Anlage des Daches mit dem ausführenden Gartenbaubetrieb besprochen worden. Für die Umsetzung haben wir einen Termin Ende September vereinbart. Diese relativ lange Frist spiegelt in diesem Fall nicht allein die Situation an der „Fachhandwerkerfront“ wider. Ein früherer Termin während der Sommermonate ist zwar grundsätzlich für die Aussaat geeignet, birgt aber das Risiko, dass künstlich bewässert werden muss. Frisch eingesät droht ohne Regen/Bewässerung ein Totalausfall! So gesehen war mein Termin glücklich „gewählt“: Während der Sommer sehr trocken war, regnete es Ende September wie bestellt.

Aufbau mit System

Vor der Aussaat müssen fünf Funktionsschichten auf dem Dach aufgebracht werden:
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Die Basis bildet das Wurzelschutzvlies. Es wird direkt auf die eigentliche Bitumendichtschicht des Daches aufgetragen und verhindert ein Durchwurzeln. Es folgt eine Speicherschutzmatte, die einem Malerabdeckvlies ähnelt und die Schwammfunktion der Schichtenfolge verstärkt. Ganz wichtig ist die folgende Dränage-Schicht. Sie setzt sich aus Elementen zusammen, die umgedrehten Eierkartons ähneln, aber aus wasserfestem Material bestehen und nach oben hin Löcher aufweisen, durch welche Niederschlagswasser bis auf den Speicherschutz einsickern kann. Zugleich kann die wasserführende Dränge-Schicht überschüssiges Wasser zum Abfluss hin leiten. Abgedeckt wird die Dränage mit Filtervlies als Trennschicht zum eigentlichen Pflanzsubstrat.

Achtung: Städtische Förderung nur für DIN-Norm!

Einen mit Blick auf die Förderung durch die Stadt Oldenburg wichtigen Hinweis habe ich zusammen mit der Förderzusage vom „Fachdienst Stadtgrün“ erhalten:

„Bei der Rechnung bitten wir Sie, die Firma zu bitten, dass sie die einzelnen Komponenten wie z. B. den Wurzelschutz, die Drainmatte usw. in einzelnen Positionen mit Preisen abrechnen. Wir fördern eine Dachbegrünung nach DIN-Norm. Dort ist eine Leistungsabgrenzung zwischen Wurzelschutzvlies und Drainmatte vorgesehen. Oberhalb des Schutzvlieses beginnt die Förderung.“ Für den bei mir verwendeten Systemaufbau bedeutet das: Die Wurzelschutzfolie bleibt bei der Förderung außen vor. (Warum? So ist das eben …)


Es gibt ordentlich was aufs Dach

Die Anlage des Gründachs folgt logischer Weise der Schichtenfolge des Systemaufbaus. Schon bei der Anlieferung des Materials wird deutlich: Es kommen einige Tonnen Gewicht zusammen. Das sollten potenzielle Do-it-Yourselfer bedenken: Sie können keine städtische Förderung in Anspruch nehmen (vgl. Teil 1 https://einfach-heimat.de/wissen/Beitrag/grundacher:-okoschwamm-und-augentrost), müssen aber selbst tonnenweise Material aufs Dach befördern.

Erst fegen, dann Wurzelschutz verlegen: Zunächst muss das Dach gründlich abgefegt werden, damit keine Steinchen die Wurzelschutzfolie von unten beschädigen. Das Team von Stadt. Land. Grün weiß, was zu tun ist …

Erst fegen, dann Wurzelschutz verlegen: Zunächst muss das Dach gründlich abgefegt werden, damit keine Steinchen die Wurzelschutzfolie von unten beschädigen. Das Team von Stadt. Land. Grün weiß, was zu tun ist …

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Grundlegend: Als erste Schicht im Systemaufbau wird die Wurzelschutzfolie verlegt.

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Hilfreich: Was aufs Dach soll, gelangt durch Hubarbeit hinauf. Technische Unterstützung dabei ist empfehlenswert, bei über 50 m2 kommen einige Tonnen Material zusammen. Die schwarze Wurzelschutzfolie ist verlegt, darauf ist die Speicherschutzmatte zu erkennen.

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Auf dem Speicherschutzvlies werden die wichtigen Dränage-Elemente verlegt. Sie werden im System die „wasserführende Schicht“ sein.

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In dieser Arbeitsphase sind bereits alle fünf Systemkomponenten des Aufbaus zu sehen.

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Nachdem die Dränage-Elemente verlegt sind, werden sie mit Filtervlies bedeckt und so gegen die folgende Pflanzsubstratschicht abgegrenzt.

Fertig nach 1,5 Arbeitstagen!

Ein eingespieltes Team und passende technische Hilfsmittel machen’s möglich: Nach einem Arbeitstag ist der Systemaufbau fast fertig. Am nächsten Vormittag kann abschließend die Substratschicht fertiggestellt werden.

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Finish: Die Substratschicht „Steinrosenflur“ wird aufgetragen. Poröse Ton- und Vulkansteinbröckchen der Mischung erhöhen die Wasserspeicherfähigkeit (ähnlich wie bei Hydrokulturen).

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Detaillösung: Wasserablauf. Die Pflanzschicht ist in eine Kiesumrandung gebettet.

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Das Beste kommt zum Schluss: Es kann ausgesät werden.


Samenmischung „Bienenweide“

Die Pflanzenliste der Saatgutmischung umfasst 42 Arten von Blühpflanzen darunter fünf Sedumarten (z. B. Mauerpfeffer, Fetthenne). Alle kommen mit 15 cm Substrathöhe der Systemerde „Steinrosenflur“ aus, die höchsten Arten wie der Natternkopf (Echium vulgare) wachsen gute 60 cm empor, die niedrigsten wie der Kriechende Thymian (Thymus serpyllum) kommen nicht über 5 cm hinaus. Damit die Mischung ihrem Namen als Bienenweide Ehre machen kann, sind Frühblüher wie das Frühlings-Fingerkraut und die Küchenschelle (März-April) ebenso enthalten wie Arten, die bis in den Oktober hinein blühen wie die Hohe Fetthenne.


Es grünt so grün …

Ich weiß ja nicht, ob das zum besonderen Service von „Stadt. Land. Grün.“ gehört, aber Tatsache ist, dass es gleich nach Fertigstellung und Aussaat den lebenswichtigen Regen aufs Dach gab: die unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die Saat aufgeht!

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Zart ganz zart spitzt erstes Grün der Samenmischung „Bienenweide“ aus dem Pflanzsubstrat hervor.

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Nach drei Wochen geht die Saat auf …

Niederschlagswasserbeseitigungsentgeltreduzierung

Schon in Teil 1 erwähnte ich, dass Gründächer als „Teilentsiegelung“ gelten. Im Merkblatt des OOWV, das dem „Fragebogen zur Festsetzung des Entgelts für die Niederschlagswasserbeseitigung“ beigefügt wird, heißt es dazu: „Diese bepflanzte Dachfläche kann bis zu ca. 50 % des Regenwassers aufnehmen und später durch Verdunstung in die Atmosphäre zurückführen. Bei starkem Regen entlastet Ihr Gründach die Kanalisation und den Wasserspeicher rund um ihr Haus.“ Deshalb gibt es für eine Gründachfläche 50 Prozent Nachlass auf das Niederschlagswasserbeseitigungsentgelt. In meinem Fall geht es also um 53 Quadratmeter Fläche, für die statt 46 Cent künftig 23 Cent zu entrichten sind.


Um in den Genuss der 50-prozentigen Reduzierung des Niederschlagswasserentgelts zu kommen, muss derzeit dieser Erfassungsbogen ausgefüllt werden, ein Foto des Gründachs ist hinzuzufügen.
Erhebungsbogen beantragen und ausfüllen

In Oldenburg Stadt ist der OOWV mit der Kanalisation des Niederschlagswassers betraut – und mit der Abrechnung. Deshalb muss man sich an die OOWV-Servicestelle Donnerschwee wenden. Leider gibt es noch keine digitale Lösung, sodass der oben erwähnte „Fragebogen zur Festsetzung des Entgelts …“ telefonisch bestellt und – wenn er nach wenigen Tagen eintrifft – ausgefüllt und unterschrieben werden muss.

Es werden darin alle an „die öffentliche Kanalisation“ angeschlossenen Flächen der Immobilie bzw. der „Verbrauchsstelle“ des frischgebackenen Gründach-Eigentümers abgefragt. Also auch die durch sein Haus überbaute Grundfläche oder z. B. eine eventuell versiegelte Auffahrt. „Für die Berücksichtigung Ihres Gründachs, legen Sie bitte ein Foto vom Dach dem Erhebungsbogen bei.“ Ich werde mich erkundigen, ob das digital möglich ist oder ob ich Fotoabzüge anfertigen lassen muss. Und natürlich bin ich sehr gespannt, ob ich alle Flächen richtig berechnet habe und wie lange es dauert, bis der Niederschlagswasserbeseitigungsentgeltreduzierungsumfang festgesetzt sein wird.

Heiliger Bürokratius, bitte für mich armen Sünder …!

 

 

 

 

Johannes Kelschebach

meist in Oldenburg und viel unterwegs...
Dürfen wir Sie fragen wie eigentlich alles begann?: Ja, dürfen Sie - studiert habe ich Neu,- und Altgermanistik und Philosophie. Danach war ich viele Jahre als Werbetexter und Kreativdirektor für Agenturen tätig.
Und heute?: Seit 2006 arbeite ich als freiberuflicher Kommunikationsberater.
In Ihrer Freizeit erleben Sie auch viel, oder?: Nun, ich bin oft unterwegs. Vor allem in der Natur. Wie sagt man so schön, als Naturgucker und Vogelbeobachter.
Bildnachweis/Portrait: Privat

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Dürfen wir Sie fragen wie eigentlich alles begann?: Ja, dürfen Sie - studiert habe ich Neu,- und Altgermanistik und Philosophie. Danach war ich viele Jahre als Werbetexter und Kreativdirektor für Agenturen tätig.
Und heute?: Seit 2006 arbeite ich als freiberuflicher Kommunikationsberater.
In Ihrer Freizeit erleben Sie auch viel, oder?: Nun, ich bin oft unterwegs. Vor allem in der Natur. Wie sagt man so schön, als Naturgucker und Vogelbeobachter.
Bildnachweis/Portrait: Privat
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