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Unser Grundwasser: Der unsichtbare Schatz

Unser Grundwasser: Der unsichtbare Schatz

Als vor 30 Jahren auf der Weltkonferenz „Umwelt und Entwicklung“, 1992 in Rio de Janeiro, der „Tag des Wassers“ initiiert und noch im selben Jahr von der UN-Generalversammlung beschlossen wurde, lag das Augenmerk vor allem auf dem Thema: „Zugang zu sauberem Trinkwasser für alle Menschen“. Das ist leider bis heute berechtigt, denn rund eine Milliarde Menschen haben keinen Zugang zu sicherem, einwandfreiem Trinkwasser. Aber die Bedeutung und Thematik des Weltwassertages ist inzwischen – vor allem durch die anthropogene Erderwärmung und Umweltverschmutzung – sehr viel umfassender geworden. Die Verunreinigung und Verknappung unseres wichtigsten Lebensmittels betrifft nicht „bloß“ den globalen Süden, sondern den gesamten Blauen Planeten.


Das Unsichtbare sichtbar machen

Der Weltwassertag an jedem 22. März trägt dem Rechnung, indem er mit wechselnden Themenschwerpunkten die Öffentlichkeit für die wachsende Vielschichtigkeit der Probleme rund um das lebenswichtige Element zu sensibilisieren versucht. So wird seit 2011 zu jedem Weltwassertag ein Gewässertyp des Jahres ausgerufen*.

2022 steht unter dem Motto "Groundwater: Making the Invisible Visible": Unser Grundwasser: der unsichtbare Schatz.
Mit diesem Jahresthema wollen die Vereinten Nationen weltweit den Menschen die Bedeutung unseres Grundwassers vor Augen führen und ins Bewusstsein rufen.

Auch im relativ niederschlagsreichen Deutschland ist ein nachhaltiges Wasserressourcen- und Gewässermanagement dringend geboten. Dem Grundwasser gebührt dabei höchste Beachtung, weil es unmittelbar die Hauptquelle für unser Trinkwasser ist. Ergänzt wird es regional durch Talsperrenwasser (z. B. im Harz) und durch an Flüssen gefördertes Uferfiltrat (z. B. Ruhrgebiet).

*Hier geht's zur Übersicht der bisherigen Gewässertypen des Jahres.

Geschenk des Himmels aus der Erde
Für die Menschen hier im OOWV-Versorgungsgebiet trifft die essentielle Wichtigkeit des Grundwassers zu einhundert Prozent zu, denn hier wird unser gesamtes Trinkwasser aus Grundwasser gewonnen: nämlich aus 267 Förderbrunnen, deren Rohwasser in 15 Wasserwerken zu Trinkwasser aufbereitet und ins Leitungsnetz eingespeist wird. Gefördert wird das Grundwasser je nach Lage und Bodenbeschaffenheit aus Tiefen von 30 bis zu 170 Metern.

Als Teil des natürlichen Wasserkreislaufs aus verdunstendem und abregnendem Wasser ist Grundwasser kein unterirdisch abgeschotteter, unerschöpflicher Schatz: Alle „Kreislaufstörungen“ des komplexen Systems treffen mehr oder minder stark – wenn auch meist mit zeitlicher Verzögerung – unsere überlebenswichtigste Ressource! Hauptgefahren sind Schadstoffeinträge und zu rasche zu reichliche Entnahme bei zu langsamer Neubildung.


„Flusslandschaft des Jahres“: Gewässerschutz ist Trinkwasserschutz!

Im von der Sonne angetriebenen komplexen System Wasserkreislauf sind alle Komponenten miteinander verzahnt. In Deutschland wird daher seit dem Jahr 2000 am 22. März - dem Weltwassertag - alle zwei Jahre auch die Flusslandschaft des Jahres gekürt. Für die Jahre 2020 bis 23 (pandemiebedingt 2021 verlängert) ist das die Weiße Elster. Sie entspringt im Nordwesten Tschechiens und durchfließt die Bundesländer Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt, wo sie bei Halle in die Saale mündet. Mit dem Votum und bei zahlreichen Veranstaltungen soll nicht zuletzt über Gewässerökologie aufgeklärt werden. Fließgewässer und unser Grundwasser gehören untrennbar zusammen: Beide sind wesentliche Teile des natürlichen Wasserkreislaufs. Was in unseren Flüssen landet, gelangt als Sickerwasser durchaus auch in den Grundwasserleiter. Belastete Fließgewässer, die zunehmend Abwässer führen, können so unser Grundwasser infiltrieren. Der Schutz von Bachläufen und Flüssen unterstützt daher auch die Grundwasserqualität.
Zur Übersicht der bisherigen Flusslandschaften des Jahres: https://de.wikipedia.org/wiki/Flusslandschaft_des_Jahres


Grundwasser aus der Ur- und Frühgeschichte: eine endliche Notreserve
Wenn wir von Wasserreservoiren aus großen Tiefen von mehreren 100 Metern hören, wie bei einigen Mineralwässern, oder von Wasservorkommen unter der Sahara, so handelt es sich dabei um Grundwasser aus der Frühgeschichte. Es ist 12.000 Jahre jung oder mehr als eine Million Jahre alt und ist heute vom natürlichen Wasserkreislauf abgeschnitten. Wenn es ausgefördert ist, erneuert es sich nicht. Es geht je nach Verwendung als Ab- oder Brauchwasser in den heutigen Wasserkreislauf.


Trinkwassergewinnungsgebiet nahe dem Wasserwerk Nethen: Streuobstwiese und Laubwald laden zum Spazieren ein und arbeiten als Luft- und Bodenverbesserer

Das Grundwasserreservoir hier im Nordwesten: Wie steht’s damit?
Eine Reihe ungewöhnlich heißer, trockener Sommer haben auch im OOWV-Versorgungsgebiet erstmals deutlich gemacht, dass die zunehmende Erderwärmung das Wetter auch in unseren Breiten immer häufiger aus der gewohnten Bahn wirft. Die Selbstverständlichkeit, jederzeit beliebig viel bestes Trinkwasser zu zapfen, steht infrage.


Geologe Malko Bischke von der OOWV-Tochter „Niedersachsen Wasser“ gibt für uns eine „Grundwasserstandsmeldung“ ab und erklärt wichtige Zusammenhänge.

Wie ist die Grundwasser-Situation hier im OOWV-Gebiet?
Bischke: Zunächst einmal genießen wir den Luxus, dass wir hier im Norden relativ große Grundwasserreservoire haben. Der Nordwesten Niedersachsens ist geprägt von sandigen Sedimenten aus eiszeitlichen Ablagerungen. die (von Norden betrachtet) etwa bis kurz vor Hannover reichen. Diese Sedimente sind durch Gletschervorstöße von Norden her bzw. durch das Abschmelzen derselben entstanden. Die Gletschermasse ist, grob gesagt, etwa bis Höhe Hannover vorgedrungen. Das ist der Grundwasserleiter, aus dem der OOWV das Wasser schöpft. Diese Aquifer genannte grundwasserführende Schicht hat eine Mächtigkeit von bis zu 100 Metern. Bei starken regionalen Schwankungen wird sie mit Brunnen angezapft, die im Schnitt 60 bis 100 Meter tief sind.

Wie prüfen Sie den Zustand des Grundwasserleiters, wie misst man das?
Bischke:
Wir benutzen geologische Strukturmodelle sowie Grundwasser-Strömungsmodelle und haben ein umfangreiches Kontrollnetz im Verbandsgebiet mit zahlreichen Grundwassermessstellen. Die Messstellen konzentrieren sich in den Wasserschutzgebieten, überall wo der OOWV Grundwasserförderung betreibt. Zudem prüfen unabhängige Messstellen des Landes auf verschiedene chemische Parameter wie etwa Nitrat. Das Messnetz ist Grundlage für ein Monitoring.


Ein Netz von solchen Grundwasser-Messstellen überwacht die Güte des Rohwassers, aus dem unser gesamtes Trinkwasser aufbereitet wird.

Was geschieht mit einem Wassertropfen auf dem Weg in die Tiefe? Welche Belastungen verliert er, welche nimmt er auf?
Bischke: Auf dem Weg zu einem Grundwasservorkommen in z. B. 60 Metern Tiefe durchläuft er verschiedene Sedimente. Diese Sedimente funktionieren als physikalische und chemische Filter. Ein wichtiger Prozess ist z. B. die Denitrifikation, bei diesem Prozess im Boden wird Nitrat durch Mikroorganismen abgebaut. Mithilfe von Strömungsmodellen und Messnetzen können wir Modellrechnungen für den Weg eines Wassertropfens vornehmen: Auch, welche Schadstoffbelastungen er unterwegs ggf. aufnimmt oder verliert.

Wie schnell erneuert sich Grundwasser?
Bischke: Das dauert oft Jahrzehnte. Je nach Sediment und Höhe des Grundwasserspiegels ist die vom Sickerwasser benötigte Dauer sehr verschieden; es kann Monate bis Jahre dauern. Entscheidend ist, dass die Auffüllung der Grundwasserreserven kein Prozess ist, der über Nacht passiert. Auf einigen Flächen merken wir heute die Düngung von vor 20-30 Jahren. Und was wir heute auf unseren Feldern ausbringen, wirkt dann in der nächsten Generation. Das ist die Herausforderung: dass man in diesem Zeitrahmen denken muss. Wir trinken heute Grundwasser, das zuletzt vor Jahren von Niederschlägen aufgefüllt wurde. Wir sollten also nachhaltig damit umgehen.

Wie sieht Ihr Fazit für den Grundwassertand im Versorgungsgebiet aus?
Bischke: Stand heute haben wir in Nordwestdeutschland große Wasserreservoire, die angezapft werden. Der OOWV entnimmt dabei ganz im Sinne eines nachhaltigen Grundwasser-Managements nur so viel Wasser, wie auch nachgebildet wird. Nach strengen Regularien wird das durch die genannten Messnetze kontrolliert. Das ist der Vorteil, wenn die Wasserversorgung in öffentlicher Hand liegt und nicht bei privaten, gewinnorientierten Unternehmen. Der Wermutstropfen: Die Grundwassernachbildung verändert sich, Trockenperioden bremsen sie, zugleich nimmt der Wasserbedarf zu. Schon heute gibt es Regionen, die ihren Wasserbedarf nicht mehr selbst decken können, sie werden dann vom OOWV aus anderen Regionen mit Trinkwasser unterstützt. Der achtsame Umgang mit der Ressource Grundwasser ist für uns alle eine Lebensgrundlage.


Der Trinkwasserlehrpfad am Wasserwerk Nethen erklärt anschaulich, wie aus Grundwasser Trinkwasser für jeden Zapfhahn wird.



Grundwasser filmreif: dramatisch und dokumentarisch!

Deutschlands bedrohte Grundwasser-Reserven sind auch Thema des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Die ARD-Programme möchten auf das weitgehend verkannte Problem hinweisen: „Bis zum letzten Tropfen“ heißen sowohl der Spielfilm als auch die anschließende Dokumentation des bekannten Autors und Regisseurs Daniel Harrich („Meister des Todes“).

Realer Hintergrund für den hochkarätig besetzten Heimatwestern mit Thrill ist vor allem ein Beispiel aus dem Kreis Lüneburg: Seit 2007 fördert dort Coca-Cola Jahr für Jahr gewaltige Mengen Grundwasser, bis 2043 dürfen alljährlich 350.000 Kubikmeter aus etwa 190 Metern Tiefe gefördert werden. Für den Kubikmeter Grundwasser zahlt Coca Cola 9 Cent Gebühr (= 0,009 Cent/l); abgefüllt auf Flaschen der Tafelwassermarke Vio kostet der Liter dann 60 bis 85 Cent im Markt. Das rechnet sich – aber für wen?

Spielfilm und Dokumentation sind hier in der Mediathek abrufbar.

Die ARD-Aktion zum Thema läuft unter dem Hashtag #unserWasser ab dem 16. März das ganze Jahr.

 

Bildnachweise:
Titelbild Wasser schützen: AdobeStock/swecream
Alle weiteren Bilder: Johannes Kelschebach

 

Johannes Kelschebach

meist in Oldenburg und viel unterwegs...
Dürfen wir Sie fragen wie eigentlich alles begann?: Ja, dürfen Sie - studiert habe ich Neu,- und Altgermanistik und Philosophie. Danach war ich viele Jahre als Werbetexter und Kreativdirektor für Agenturen tätig.
Und heute?: Seit 2006 arbeite ich als freiberuflicher Kommunikationsberater.
In Ihrer Freizeit erleben Sie auch viel, oder?: Nun, ich bin oft unterwegs. Vor allem in der Natur. Wie sagt man so schön, als Naturgucker und Vogelbeobachter.
Bildnachweis/Portrait: Privat

Johannes Kelschebach

meist in Oldenburg und viel unterwegs...
Dürfen wir Sie fragen wie eigentlich alles begann?: Ja, dürfen Sie - studiert habe ich Neu,- und Altgermanistik und Philosophie. Danach war ich viele Jahre als Werbetexter und Kreativdirektor für Agenturen tätig.
Und heute?: Seit 2006 arbeite ich als freiberuflicher Kommunikationsberater.
In Ihrer Freizeit erleben Sie auch viel, oder?: Nun, ich bin oft unterwegs. Vor allem in der Natur. Wie sagt man so schön, als Naturgucker und Vogelbeobachter.
Bildnachweis/Portrait: Privat
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