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Anstrich mit gutem Gewissen: Ökologische Wandfarben liegen voll im Trend

Anstrich mit gutem Gewissen: Ökologische Wandfarben liegen voll im Trend

Immer mehr Menschen legen Wert auf ein wohngesundes Lebensumfeld. Das betrifft auch den Wandanstrich. Statt herkömmlicher Dispersionsfarbe, die in der Regel unterschiedlichste Lösungs- und Konservierungsstoffe enthält, liegen deshalb Naturanstriche voll im Trend. Wir haben uns die verschiedenen Alternativen etwas genauer angesehen.

Lange Zeit hat man sich nur wenig Gedanken über die Zusammensetzung von Innenraumwandfarben gemacht. Dabei enthielten viele Produkte lange Zeit sogar Asbest, das erwiesenermaßen als krebserregend gilt. Durch das gestiegene Umweltbewusstsein haben sich mittlerweile jedoch deutlich verbesserte Standards durchgesetzt. Denn aufbauend auf die sogenannte Decopaint-Richtlinie, die 2004 europaweit zur Begrenzung von gesundheitsschädlichen Emissionen in Farben und Lacken verabschiedet wurde, dürfen wasserbasierte Wandfarben in Deutschland seit 2010 nur noch maximal 30 Gramm pro Liter an flüchtigen organischen Verbindungen (kurz VOC, Volatile Organic Compounds) enthalten.

Das klingt erst mal gut. Aber um die Wandfarbe haltbarer zu machen und langfristig vor Pilzen und Bakterien zu schützen, finden sich in vielen Produkten nach wie vor Konservierungsstoffe wie Formaldehyde oder Isothialzolinone, die Allergien, Atemproblemen, Kopfschmerzen, Übelkeit oder andere Beschwerden auslösen können. Wer hier auf Nummer sicher gehen will, der sollte deshalb beim Kauf auf den Blauen Engel achten, der immerhin sicherstellt, dass die enthaltenen Konservierungsstoffe auf ein Minimum reduziert sind.

Noch besser ist es, gleich auf ökologische Wandfarben umzusteigen, die ganz ohne Konservierungsstoffe auskommen. Die Auswahl reicht von Dispersionsfarben auf Naturharzbasis über Lehmfarben, Silikatfarben und Kaseinfarben bis hin zur früher weit verbreiteten Kalkfarbe. Die Vorteil liegen dabei auf der Hand: Die Hersteller der verschiedenen Produkte verzichten zumeist auf Chemie und verwenden stattdessen fast ausschließlich pflanzliche oder mineralische Rohstoffe. Das Ergebnis sind wohngesunde Innenraumfarben, die allerdings in vielen Fällen eine besondere Anwendung erfordern und unterschiedliche Qualitäten im Hinblick auf Diffusionsoffenheit, Schimmelresistenz und Deckkraft aufweisen.

Breite Auswahl an unterschiedlichen Produkten
Als gesunder und natürlicher Anstrich erlebt vor allem Kalkfarbe eine regelrechte Renaissance. Die Farbe war über Jahrhunderte hinweg praktisch das einzige verfügbare Anstrichmittel für Innen- und Außenwände, sie wurde jedoch in den vergangenen Jahrzehnten mehr und mehr durch Dispersionsfarben verdrängt. Das hat sich mittlerweile geändert, nicht zuletzt auch deshalb, weil Kalkfarbe mittlerweile in unterschiedlichsten Farbtönen erhältlich ist. Zur Fertigung werden gelöschter Kalk, Wasser, Bindemittel und mineralische Pigmente verwendet, die Farbe ist damit schadstoffarm, diffusionsoffen, feuchtigkeitsregulierend und wirkt durch ihren hohen PH-Wert außerdem natürlich desinfizierend. Hinzu kommt: Die Farbe überzeugt entsprechend nicht nur durch ihre natürliche Optik, sondern sie schafft auch ein wohngesundes Raumklima und ist außerdem auch für Feuchträume hervorragend geeignet. Zu beachten ist allerdings, dass Kalkfarbe nur für mineralische Untergründe geeignet ist. Um ein gutes Ergebnis und das gewünschte Ergebnis zu erzielen, sind in der Regel mehrere Anstriche erforderlich. Für einen wolkigen Effekt muss die Farbe dabei mit einem Naturborsten-Pinsel nass in nass aufgetragen und dann nicht gleichmäßig, sondern in der "Kreuzschlag-Technik" aufgetragen werden.

Eine weitere Alternative zu herkömmlichen Dispersionsfarben sind Silikatfarben, die ebenfalls  schadstofffrei, diffusionsoffen und unempfindlich gegen Schimmelbefall sind. Als Bindemittel kommt hier Kaliwasserglas, ein Gemisch aus Quarzsand und Kaliumkarbonat zum Einsatz, zusätzlich werden natürliche Pigmente und Füllstoffe beigemischt. Zu unterscheiden sind diese reinen Silikatfarben allerdings von den handelsüblichen Dispersionssilikatfarben, denen Kunstharzdispersionen beigemischt sind.

Sehr beliebt sind außerdem Lehmfarben, die sich ebenso wie Lehmputz positiv auf das Wohnklima auswirken und mittlerweile in vielen Farbtönen zur Auswahl stehen. Als Inhaltsstoffe kommen hier Tonmehle, natürliche Zellulose, Pflanzenstärke oder pflanzliches Eiweiß, mineralische Pigmente sowie Füllstoffe wie feiner Sand, Marmorgranulat oder Kreide zum Einsatz. Die Farbe ist in Pulverform erhältlich und wird vor dem Streichen einfach mit Wasser angerührt. In Verbindung mit einem geeigneten mineralischen Untergrund wirkt sie diffusionsoffen und feuchtigkeitsregulierend, außerdem absorbiert sie Gerüche und Schadstoffe.

Neben Lehm-, Kalk- und Silikatfarbe steht Kaseinfarbe zur Auswahl. Die Farbe ist wasserfest, diffusionsoffen und überzeugt gleichzeitig durch eine hervorragende Farbbrillanz und Deckfähigkeit. Andererseits ist sie aber nur bedingt für Feuchträume geeignet, da sie one Konservierungsmittel für Schimmel anfällig ist. Als Basissubstanz und Bindemittel wird sogenanntes Kasein verwendet, das aus Milcheiweiß gewonnen wird und als Pulver angeboten wird. Hinzugemischt werden werden je nach Rezeptur Hirschhornsalz, Borax oder gelöschter Kalk, natürliche Pigmente, Füllstoffe und Wasser.

Für all diejenigen, die bei Dispersionsfarbe bleiben wollen, dabei aber trotzdem Wert auf ein wohngesundes Innenraumklima legen, stehen außerdem auch lösungs- und konservierungsmittelfreie Dispersionsfarben oder Naturharz-Dispersionsfarben zur Verfügung. Naturharz-Dispersionsfarben sind in der Regel lösungsmittelfrei, wisch- und waschfest und wasserverdünnbar, sie beinhalten Leinöl oder Rizinusöl, Wasser, Borsalze, pflanzliche Öle, Pigmente, Kreide, Titandioxid, Talkum sowie Zellulose.
ökologische Wandfarbe im Wohnraum Wohnraum mit ökologischer Wandfarbe
Pro und Contra Naturwandfarben
Wichtigstes Argument für die Verwendung von Naturwandfarben ist neben der charakteristischen Optik vor allem das deutlich verbessere Bilanz in puncto Wohngesundheit. Das betrifft einerseits die diffusionsoffene und damit feuchtigkeitsregulierende Wirkung auf das Raumklima, zum anderen die Verwendung von natürlichen und möglichst emissionsfreien Inhaltsstoffen. Denn während herkömmliche Dispersionsfarben organische Lösungsmittel wie aromatische Kohlenwasserstoffe beinhalten, um die Farbe streichfähig zu machen und eine gleichmäßige Deckkraft zu erzeugen, wird bei den meisten Naturfarben Wasser als Lösungsmittel verwendet. Zu beachten ist allerdings, dass der Zusatz weiterer, nicht-natürlicher Inhaltsstoffe in Naturfarben nicht gesetzlich geregelt ist. Zur Sicherheit sollten deshalb insbesondere Allergiker darauf achten, dass zum Beispiel keine chemischen Konservierungsstoffe wie Methylisothiazolinone oder Benzisothiazolinone enthalten sind, die die Farbe haltbarer machen sollen.

Ein Nachteil von Naturfarben gegenüber herkömmlichen Dispersionsfarben ist andererseits die veränderte und teilweise etwas anspruchsvollere Anwendung von Naturfarben. Je nach Untergrund kann zum Beispiel eine zusätzliche Grundierung sinnvoll sein. Vielfach sind außerdem auch mehrere Anstriche nötig, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Wer Naturfarben zum ersten mal einsetzt, der sollte sich deshalb vorab umfassend über das gewählte Produkt informieren, um keine Anfängerfehler zu machen. Sehr empfehlenswert ist es außerdem, zunächst mit einer Wand oder mit nur einer kleineren Fläche zu beginnen, um dort ausreichend Erfahrungen über das Verhalten der jeweiligen Farbe zu sammeln. Weitere Nachteile von Naturwandfarben sind die zumeist höheren Kosten im Vergleich zu herkömmlicher Dispersionsfarbe sowie die nach wie vor etwas eingeschränktere Farbpalette. Hinzu kommt der charakteristische Eigengeruch einiger natürlicher Rohstoffe, die oftmals als störend empfunden wird. Unser Tipp deshalb: Gut informieren, sich beraten lassen und am besten vorher testen, bevor es dann an die Fläche geht!

Wohnen mit ökologischer Wandfarbe

 

Bildnachweis Titelbild: ink drop/AdobeStock
Bildnachweis: artjafara/AdobeStock
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Bildnachweis: contrastwerkstatt/AdobeStock

 

Robert Uhde

von Düsseldorf nach Oldenburg
Von Düsseldorf nach...: ...Oldenburg
Wie alles begann oder wo sind Ihre beruflichen Wurzeln?: Ich habe Kunst und Germanistik studiert.
Und heute?: ...arbeite ich seit 1997 als freier Journalist. In meiner Freizeit bin ich viel mit dem Fahrrad unterwegs, spiele Gitarre in meiner Band JazzCycle.
Bildnachweis/Portrait: Feindesign, Daniel Penschuck

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