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Wasser in der Kaffeeproduktion - hoch die Tassen?

Wasser in der Kaffeeproduktion - hoch die Tassen?

„Nieder mit dem Kaffeetalismus!“ prangt in großen Lettern auf der Postkarte über der ächzenden Kaffeemaschine meiner Eltern: Ein beständiger Widerspruch, denn die Kaffeemaschine meiner Eltern hat nicht einen Urlaubstag im Jahr, weder Sonn-, noch Feiertags. Tagtäglich lässt sie blubbernd das Wasser durch das körnige Kaffeepulver in die große weiße Kanne plätschern, der jener Duft, jener aufgekochte Lebensgeist, entsteigt, der so viele Menschen aus dem Bett und in die Küche lockt. 

Aber ist diese braune Plörre jetzt wirklich der heiße Scheiß?!

Oh ja, Kaffee ist für den Weltmarkt der Renner: Mit keinem anderen Produkt außer Erdöl wird so viel gehandelt[1]. Kaffee wird schließlich auf der ganzen Welt getrunken, aber nur im äquatorialen „Kaffeegürtel“, in 50 subtropischen Ländern angebaut. Bis der Kaffee aber überhaupt durch die Welt verschifft wird, erfolgt ein meist mehrwöchiger Verarbeitungsprozess, bei dem die Kaffeefrüchte getrocknet, geschält, gesäubert und fermentiert werden.  

Auf den Schiffen landen allerdings nicht nur Säcke voller Kaffeebohnen, sondern auch jede Menge „virtuelles Wasser“. 


Virtuelles Wasser/ Wasserfußabdruck …

… misst nach den Berechnungen von J. A. Allan vom Kings College London den Wasserverbrauch eines Produktes und setzt sich zusammen aus:

… grünem Wasser: Regenwasser (natürliche Bewässerung)

… blauem Wasser: Wasser, das zur künstlichen Bewässerung verwendet wird

… grauem: Wasser, das als kontaminiertes Abwasser wieder aufbereitet werden muss

Virtueller Wasserexport: Produkte mit großem Wasserfußabdruck, die aus Produktionsländern, primär Länder im globalen Süden, exportiert werden

Quelle: Weltwassertag: So viel Wasser steckt in alltäglichen Produkten - [GEO]

Kirsche der Kaffeefrucht Kirsche der Kaffeefrucht
Die „Kirschen“ der Kaffeepflanze enthalten alle zwei Kaffeebohnen

Ein wahrer Wasserschlucker: 130 bis 140 Liter pro Tasse 

Kaffee macht tatsächlich 16 Prozent der virtuellen Wasserexporte aus.  Vor allem, wenn für den Anbau in Monokulturen wertvoller Regenwald weichen musste, kommen rasch der ein oder andere Liter Wasser zusammen, genauer gesagt so viele Liter bzw. Kubikmeter, wie in anderthalb Jahren den Rhein runterfließen: 120 Milliarden Kubikmeter Wasser werden benötigt, um den weltweiten Kaffeekonsum zu decken.[2] Runtergerechnet beinhaltet eine Tasse des morgendlichen Lebenselixiers 132 Liter Wasser, wenn wir von 7 Gramm Kaffeepulver ausgehen. Und behaupte noch wer, dass Kaffee dem Körper Wasser entziehe … Um diesen Mythos kurz zu erklären: Wasser entzieht dem Körper KEIN Wasser, ist aber auch nicht gerade der Durstlöscher schlechthin, da Kaffee harntreibend ist.[3]

Nun gut, jetzt haben wir also festgestellt, dass Kaffee nicht gerade die beste Wasserbilanz hat, aber die Kaffeejunkies unter uns, werden ja auch nicht von jetzt auf gleich mit O-Saft zum Frühstück anfangen, der riecht nur halb so gut und der regionale Anbau klappt in den norddeutschen Hochmooren bislang auch noch nicht so gut.  

Aber vielleicht können wir ja während der Kaffeezubereitung doch noch ein bisschen an der Ökobilanz schrauben:  

1.     Zuhause ist es immer noch am schönsten

Zuhause kann der Kaffee nicht nur gemütlich im Bett, sondern vor allem auch in einer ganz schicken Tasse geschlürft werden. Für die Coffee-2-go Becher werden allein in Deutschland 1,5 Milliarden Liter Wasser verbraucht[4], von denen weniger als 1 Prozent recycelt werden.[5] 

2.     Kassenschlager Kaffeefilter

Laut dem deutschen Kaffeeverband sind Kaffee durch Pappfilter immer noch die Lieblingszubereitungsform der Deutschen. Die Filter werden zwar in Massen weggeschmissen, sind aber relativ schnell abbaubar, weshalb sie einfach auf den Komposthaufen können. Ansonsten verursachen sie durchschnittlich nur 0,2 Gramm Abfall pro Tasse.[6] Wer das optimieren möchte, kann auf Mehrwegfilter aus Stoff oder Metall zurückgreifen.

3.     Kaffeekaspeln: Unsinn oder umweltfreundlich?

Besonders kontrovers verlaufen die Diskussionen über Kaffeekapseln, die mittlerweile in über 30 verschiedenen Varianten auf dem Deutschen Markt erhältlich sind und einen beharrlich steigenden Absatz vorweisen. Auf den ersten Blick schein es absurd: Ein Fingerhut voll Kaffee wird so spektakulär verpackt und verkauft, dass ein Kilo Nespresso-Kapsel-Kaffee 60 Euro kostet. Laut Nespresso sorgen diese Kapseln für eine exakte Portionierung und beugen somit einer unnötigen Verschwendung vor. Schade nur, dass diese durchaus sinnvolle Kaffeeeinsparung dazu führt, dass pro Jahr über 7 Milliarden Kapseln weggeschmissen werden und somit Gefahr laufen, für über 100 Jahre in unseren Ozeanen herumzuschwimmen. Auch kompostierbare Kapseln bezeichnet die Deutsche Umwelt Hilfe als „Greenwashing“, da das Verhältnis von Material und Füllmenge grotesk und der Deckel der Kapseln immer noch aus herkömmlichem Kunststoff ist.  

Wer nicht direkt auf den lässigen Cowboy-Coffee wechseln möchte, kann sich vielleicht mit einer Bialetti oder einer French-Press anfreunden. Für die ökologische und soziale Nachhaltigkeit empfiehlt sich dafür auch der „Zapatista“ – Kaffee, der von Kleinbäuer*innen in Südamerika biologisch angebaut und durch basisdemokratisch organisierte Kollektive weiterverkauft wird: Zapatistischer Kaffeeanbau.

Und wer neben einem feinen Kaffeegaumen, auch einen grünen Daumen hat, kann es ja auch mal mit einer Kaffeepflanze auf dem Balkon versuchen: Eigenen Kaffee anbauen – so gelingt es - Samenhaus Gartenblog

Empfiehlt sich aber vielleicht eher für Eine-Tasse-pro-Jahr-Genießer als für Eine-Tasse-pro-Stunde-Konsumenten.

Der Kassenschlager ist und bleibt der Filterkaffee
Kaffeekapseln sind die schlechteste Lösung. Das Pendant "Kaffeepad" verursacht durchschnittlich immerhin nur 0,8 Gramm Abfall und ist damit die bessere Lösung.

Kaffeewasser weich und neutral

Kaffeeliebhaber schwören ebenso wie Teefreundinnen und -freunde auf eher weiches Wasser (8 °dH) mit neutralem PH-Wert. Wie es mit diesem Wunsch bei uns im Nordwesten ausschaut (ganz gutJ), verrät der kleine Wasser-Exkurs in unserem Artikel zum Tee, der hier zu finden ist: https://einfach-heimat.de/wissen/Beitrag/wasser-und-tee-%E2%80%93-so-finden-sie-die-perfekte-liaison

Quellen und Bildnachweis:

[1] 140 Liter Wasser für eine Tasse Kaffee? Nicht mit uns ... - Original Food
[2] Weltwassertag: So viel Wasser steckt in alltäglichen Produkten - [GEO] 
[3] Entzieht Kaffee dem Körper Wasser? - SWR Wissen
[4] Coffee-to-go_Fact_Sheet_QR.indd (duh.de)
[5] Umweltauswirkungen der Kaffeeindustrie – Produktion und Röstung – Dein Kaffee (dein-kaffee.com)
[6] Kaffeekapseln schädlich: Wie umweltfreundlich sind Kaffee-Kapseln? | Umweltkommissar | Experten-Tipps | Bayern 1 | Radio | BR.de
[7] Kaffeekapseln schädlich: Wie umweltfreundlich sind Kaffee-Kapseln? | Umweltkommissar | Experten-Tipps | Bayern 1 | Radio | BR.de

Bilder: Adobe Stock

Nora Kelschebach

Oldenburg
Über mich: Studium: Bachelor Nachhaltiges Management, TU Berlin
Heute: Ein bisschen Drama muss sein, deswegen studiere ich jetzt Schauspiel, engagiere mich im Bereich Umwelt und verbringe meine Sommer mit langen Wanderungen.
Bildnachweis: Privat

Nora Kelschebach

Oldenburg
Über mich: Studium: Bachelor Nachhaltiges Management, TU Berlin
Heute: Ein bisschen Drama muss sein, deswegen studiere ich jetzt Schauspiel, engagiere mich im Bereich Umwelt und verbringe meine Sommer mit langen Wanderungen.
Bildnachweis: Privat
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1 Kommentar(e)
alfred wagenhuber
hallo frau kelschebach

habe lange nicht mehr einen so flüssig geschriebenen text mit so vielen details genossen....vielen dank. das war für einen radiohörer eine wohltat, der immer mehr von ndr und dlf genervt wird.

alfred wagenhuber
Antworten Jun 25, 2023 09:12
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