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Was macht einen Bio-Bauernhof aus?

Was macht einen Bio-Bauernhof aus?

Dass ökologische Landwirtschaft mit Tierwohl und Artenvielfalt zu tun hat, liegt auf der Hand und im Wesen der Sache. Wie grundlegend sie auch für den Schutz unseres wichtigsten Lebensmittels – Trinkwasser – sein kann, lässt sich auf dem Biohof Bakenhus nachvollziehen. Als Demonstrationsbetrieb und Lernort kann er besichtigt werden. Der zugehörige Lehrpfad ist ganzjährig öffentlich zugänglich.

Mitten im Wasserschutzgebiet Großenkneten liegt der Biohof Bakenhus. Pächter Gustav Wolters bewirtschaftet den Hof seit 1997 nach vier grundlegenden ökologischen Grundregeln: 

 

·      Artgerechte Tierhaltung: weniger Tiere, mehr Platz

·      Möglichst geschlossener Nährstoffkreislauf: selbst angebautes Futter kehrt als Mist zurück auf die Felder

·      Vielfältige Fruchtfolge mit immergrünen Feldern: vermeidet Bodenerosion und Nitrateinträge;

       fördert Biodiversität

·      Keine Pestizide, keine Herbizide, kein Kunstdünger 

 

Alle auf dem Hof hergestellten Lebensmittel sind mit dem Gütesiegel „aus anerkannt ökologischem Landbau“ ausgezeichnet. Seit 2013 ist Bakenhus zudem als Bioland-Hof anerkannt.

Teil eines Konzepts zum Schutz des Grundwassers

Eigentümer des Hofs ist der Trinkwasserversorger OOWV. Schon Mitte der 80er Jahre erarbeitete dieser ein Grundwasserschutzkonzept, das insbesondere der Nitratbelastung unserer Böden entgegenwirken soll. Zentrale Punkte dabei sind das Aufforsten von brunnennahen Flächen mit Laub-/Mischwald und die Kooperation mit Landwirten. Mit dem Biohof erprobt der OOWV, wie sich eine strikt ökologische Bewirtschaftung auf das oberflächennahe Grundwasser auswirkt.

Gesunder Kreislauf

Eine wichtige Voraussetzung für die Erfolge beim Grundwasserschutz und ein funktionierendes Ökosystem ist es, weniger Tiere zu halten. Nur so funktioniert ein möglichst geschlossener Nährstoffkreislauf: Die Tiere werden von dem ernährt, was auf der eigenen Fläche angebaut wird. Der von den Tieren erzeugte Mist kehrt als – alleiniger – Dünger auf die Futteranbauflächen zurück. Nährstoffangebot und -bedarf bleiben im Gleichgewicht.

Immergrüne Felder 

Ein weiteres Prinzip des grundwasserschützenden Ökolandbaus sind immergrüne Felder durch eine breit gestreute Fruchtfolge: Nachdem über den Sommer die Hauptfrucht gereift und geerntet wurde, kommen über den Winter Zwischenfrüchte oder Wintergetreide aufs Feld. Die Zwischenfrüchte verhindern, dass der von der Hauptfrucht im Boden zurückgelassene Stickstoff in den regenreichen Monaten ins Grundwasser geschwemmt wird. Eiweißpflanzen wie Ackerbohne, Erbse und Lupine durchwurzeln den Boden intensiv, nehmen Stickstoff auf und dienen schließlich den Hoftieren als Futter.

Da brummt auch die biologische Vielfalt wieder

Weil chemische Pflanzenschutzmittel auf den immergrünen Feldern tabu sind, hat die vielfältige Fruchtfolge einen wertvollen Nebeneffekt. Sie wirkt dem Insektensterben entgegen. Sowohl die Zahl der Individuen wie auch der Arten ist ganz erheblich größer als auf konventionellen Monokulturen.  Das lässt auch Feldlerche, Schwarzkehlchen & Co. wieder jubilieren!

Hier geht’s rein ins Öko-Lernvergnügen: Der Lehrpfad veranschaulicht die Zusammenhänge zwischen Landbau und Trinkwasserschutz.

Platz und Zeit zum Leben: Die Angus-Rinder leben als Kälber in einer Mutterkuhherde vom Frühjahr bis zum Winteranfang auf weitläufigen Weiden, wo sie sechs bis neun Monate gesäugt werden.

Zum Biohof gehört eine Bio-Fleischerei mit Hofladen: Die Bakenhus Biofleisch GmbH vermarktet ausschließlich Produkte von Tieren aus der Bio-Landwirtschaft. 

 

 

Auf ein Wasser mit... Rainer Breuer

Eigentlich sollte er Sozialpädagoge werden,  dann wurden es 23 Jahre als Fleischermeister auf Bakenhus – einem anerkannten außerschulischen Lernort, wo er die Biofleischerei als Geschäftsführer aufgebaut und geleitet hat. Kurz vor seinem Ruhestand - im Oktober 2024 - haben wir mit ihm gesprochen. 

Herr Breuer, was macht diesen Bio-Bauernhof so besonders?

Das ist unser Trio: Wir bilden hier die gesamte Wertschöpfungskette ab, von der Urerzeugung bis zum fertigen Produkt und dabei haben wir auch die Bildung mit im Boot. Wir sind anerkannter außerschulischer Lernort und vermitteln Kindergartenkindern und Schulklassen, was der Ökolandbau mit dem Trinkwasserschutz zu tun hat. Die Landwirtschaft als “Urbetrieb“ zieht die Tiere groß, das kann man sich hier sehr schön anschauen und sehen, wie artgerechte Tierhaltung funktioniert. Man kann hier direkt an die Tiere ran, das ist sonst unüblich, aber wir sind eben Demobetrieb Ökolandbau. Die Fleischerei mit dem Hofladen ist die Schnittstelle zum Verbraucher. Wir verarbeiten hier in handwerklicher Tradition hochwertige Fleischwaren zu guter Wurst und feinem Schinken – natürlich alles in Bioqualität.

Was hat ein Bio-Bauernhof mit Trinkwasserschutz zu tun?

Als  vor etwa 30 bis 35 Jahren der Hof zum Verkauf stand und der OOWV die Flächen aufkaufen und begrünen wollte, um sie dann ans Land Niedersachsen zurückzugeben, gab es das nur zusammen mit der Hofstelle. So entstand die Idee, auszutesten, wie sich Ökolandbau und Trinkwasserschutz kombinieren lassen. Hier haben wir ganz überwiegend durchlässige Sandböden, sodass es bei intensiver Landwirtschaft zu Nitrateinträgen ins Grundwasser kommt. Im Projektverlauf erwiesen sich Ökolandbau und Trinkwasserschutz als ideale Kombination. Der Ökolandwirt arbeitet nicht mit mineralischen Düngemitteln, er muss auf eine Nährstoffbalance achten und sehen, dass er einen geschlossen Kreislauf behält.

Wie schnell hat man Erfolge gesehen?

Im Grundwasser dauert es seine Zeit, bis die Werte sich messbar verändern, in den oberflächennahen Messstellen konnte man aber recht schnell sehen, dass die Nitratwerte deutlich zurückgingen.

Was sind die Besonderheiten bei der Tierhaltung? Was meinen sie mit artgerecht?

Artgerecht Haltung bedeutet zum einen, dass die Rinder pro Tier einen Hektar ( = 100 m x 100 m = 10.000 m2) zur Verfügung haben. Die Schweine stehen komplett auf Stroh, sie haben Auslauf und können sich in ihre Strohnester zurückziehen, das kann man hier sehr anschaulich beobachten. Tiere, die nicht artgerecht gehalten werden, schütten große Mengen Stresshormone aus, die sich im Fleisch nachweisen lassen. Weil wir wollen, dass unser Fleisch nicht bloß besonders schmackhaft ist, sondern auch gesund, haben wir eine Strategie entwickelt, die Tier auch zur Schlachtung möglichst stressarm zu bringen. Unsere Landwirte bringen die Tiere auf kurzem Wege im hofeigenen Hänger zum Schlachtbetrieb, einer kleinen Landschlachterei in Herbergen. Die Tiere bleiben bis zum Schluss in ihrem Geruchsmilieu und ihrer vertrauten Gruppe.

 

“Hätte ich das Karma, als Schwein wiedergeboren zu werden,

dann würde ich gern auf dem Biohof Bakenhus landen.”

 

Welche Tierwohl- Standards werden hier auf Bakenhus beachtet und welche finden Sie besonders beachtenswert?

Wir arbeiten in der Tierhaltung nach Bioland-Richtlinien und haben on Top das große Tierwohl-Label des Tierschutzbundes, das auch ständig abgeprüft wird. Die Tiere werden also so weit wie möglich artgerecht gehalten und sie werden mit hofeigenem Futter gefüttert, aus eigenem Anbau. Bei den Schweinen muss unterm Stroh Beton sein, weil wir im Trinkwasserschutzbereich 1 Fäkaleinträge über den Boden ins Trinkwasser verhindern müssen. Die Fleischerei arbeitet nach Naturland und Demeter-Richtlinien.

Sie  haben Angus-Rinder und Mastschweine: Wie lange können sich die Tiere des schönen Landlebens hier freuen?

Das ist sehr unterschiedlich, bei den Rindern haben wir welche, die durchaus sehr alt werden. Wir haben ja Mutterkuhhaltung, da wird in der Regel nicht unter 2 Jahren geschlachtet, es sei denn ein problematischer Jungbulle muss ausnahmsweise früher entnommen werden. Bei den Schweinen dauert es sechs bis acht Monate bis zur Schlachtreife, also mehr als doppelt so lange wie bei ihren konventionellen Artgenossen.

 

„Uns ist es wichtig, den Wert von Lebensmitteln zu vermitteln.

Unsere Kunden sollen verstehen, dass für jedes Schnitzel,

das sie essen, ein Tier sterben musste.“

 

Ich bilde mir ein, dass ein Bio-Steak besser schmeckt als eines aus konventioneller Massentierhaltung: ist das bloß Einbildung oder gibt es objektive Gründe?

Es gibt objektive Gründe: Die Fütterung ist eine andere. In der konventionellen Nutztierhaltung zielt alles auf Leistung, im Volksmund auch „Turbomast“ genannt. Das läuft bei uns ganz anders, die Tiere werden älter, sie wachsen langsam heran mit hochwertigem, artgerechtem Futter. Das macht sich natürlich bemerkbar. Schauen Sie sich unsere Schweine an: für die ist das Leben hier lebenswert – zumindest für die Zeitspanne bis zur Schlachtung.  Bei der Zubereitung merkt man, dass der Garverlust von Bioschweinefleisch deutlich geringer ist als bei einem konventionellen Stück – ebenso beim Rind. Wenn ein Tier länger auf der Weide steht, das merken Sie genauso wie den Unterschied zwischen Folientomaten und sonnengereiften Freilandfrüchten.

Neben dem Fleisch und der Wurst von den Rindern und Schweinen hier auf Bakenhus bieten Sie auch Lamm und Geflügel an. Woher stammt das? Und wie passt es zu Ihren Tierwohlbemühungen?

Das kommt aus zertifizierten Naturlandbetrieben hier in der Region. Für das Geflügel haben wir einen Partner in Emstek, mit dem wir seit über 20 Jahren vertrauensvoll zusammenarbeiten. Einige Erzeugerbetriebe kenne ich persönlich.  Bei den Puten wird beispielsweise eine spezielle, etwas kleinere, robuste Rasse gehalten, die bestens für den Biolandbau geeignet ist: die Black Auburn Pute.

Sie haben auch vegane Produkte im Programm, wie macht man Braunschweiger oder Vleischsalat (mit „V“) ohne Fleisch?

Auch hier verzichten wir weitestgehend auf Zusatzstoffe. Rohstoffe sind in erste Linie Hafer und Sojaschrot, pflanzliche Fette und Naturgewürze. Eigentlich ist es logisch, dass ein Fleischer leckere vegane Wurst macht, weil er sich mit Gewürzen auskennt. Es begann mit einem Projekt zum Klimawandel zusammen mit der Uni: Ich sollte vegane Pinkel machen, auch für Freunde, die sich fleischlos einen leckeren Grünkohlschmaus wünschten. Nach einigen Versuchen und etwa dreimonatiger Entwicklungszeit war schließlich unsere vegane Pinkel geboren. Auf dieser Basis haben wir dann weitere Produkte ersonnen.

Wir räuchern hier noch über Buchenholzspänen nach traditioneller Art und das schmeckt man auch. Die veganen Pinkel, das Urprodukt,  mit dem wir gestartet sind, ist bis heute das stärkste Saisonprodukt unseres Sortiments.

Wie lautet Ihr Rat für alle Öko- und Tierwohlbewegten, die von der Fleischeslust nicht lassen können?

Hinschauen! Nachfragen: Wo kommen die  Tiere her? Wenn es dem Tier vor der Schlachtung gut gegangen ist, dann kann uns das auch gut tun, ging es ihm nicht gut, tut uns das auch nicht gut. Ich habe in meinem Beruf noch kein Tier getötet, für mich ist Fleisch ein wertvolles Lebensmittel für das ein Tier sein Leben gelassen hat und das sollte man wertschätzen.

Am besten auf Fleisch aus der Massentierhaltung verzichten, wenn Fleisch, dann aus artgerechter Tierhaltung.

Herr Breuer, Ihre Zeit auf Bakenhus endet jetzt im Oktober. Was wird Ihr erstes Ruhestandprojekt sein?

Meine Frau hat da bereits einige Projekte für mich vorgesehen … Aber auch mein Sohn hat angefragt und möchte gerne mit mir Wurst machen. Also werde ich mit meinem erwachsenen Sohn im Winter traditionelle Wurst herstellen, eine schöne Hackgrütze und feine Sülze, kleine Mengen für den Hausgebrauch.

 

Das klingt doch sehr lecker! 

Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für Ihren Ruhestand, Herr Breuer!

Johannes Kelschebach

meist in Oldenburg und viel unterwegs...
Dürfen wir Sie fragen wie eigentlich alles begann?: Ja, dürfen Sie - studiert habe ich Neu,- und Altgermanistik und Philosophie. Danach war ich viele Jahre als Werbetexter und Kreativdirektor für Agenturen tätig.
Und heute?: Seit 2006 arbeite ich als freiberuflicher Kommunikationsberater.
In Ihrer Freizeit erleben Sie auch viel, oder?: Nun, ich bin oft unterwegs. Vor allem in der Natur. Wie sagt man so schön, als Naturgucker und Vogelbeobachter.
Bildnachweis/Portrait: Privat

Johannes Kelschebach

meist in Oldenburg und viel unterwegs...
Dürfen wir Sie fragen wie eigentlich alles begann?: Ja, dürfen Sie - studiert habe ich Neu,- und Altgermanistik und Philosophie. Danach war ich viele Jahre als Werbetexter und Kreativdirektor für Agenturen tätig.
Und heute?: Seit 2006 arbeite ich als freiberuflicher Kommunikationsberater.
In Ihrer Freizeit erleben Sie auch viel, oder?: Nun, ich bin oft unterwegs. Vor allem in der Natur. Wie sagt man so schön, als Naturgucker und Vogelbeobachter.
Bildnachweis/Portrait: Privat
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