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Nationale Wasserstrategie: Ohne Wassermanager läuft nichts

Nationale Wasserstrategie: Ohne Wassermanager läuft nichts

Regen im Sommer, Schnee im Winter, der Niederschlag zum Bedarf passend verteilt.  Dazu Flüsse, Gräben, Seen und Teiche in Bestform, sauber und mit vielfältigen Lebensräumen für Tiere und Pflanzen: So sähe für die Gewässerbewirtschaftung das Paradies aus. 

Ziel bis 2050: Guter Zustand der Gewässer 
Die Realität in Deutschland ist von einem solchen Idealzustand weit entfernt. Die Nationale Wasserstrategie (BMUV: Nationale Wasserstrategie | Publikation) hat deshalb nun zum Ziel, dass bis 2050 die Gewässerbewirtschaftung nachhaltig so weiterentwickelt wird, dass ein guter Zustand der Flüsse und anderen Gewässer erreicht und gesichert wird.

Der Wassermanager ist rund um die Uhr im Dienst
Gefragt sind gute Ideen, Einsatz von vielen Seiten und große finanzielle Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Und es braucht Menschen wie Heiko Holthusen, Vorsteher der Braker Sielacht. Er ist ein ehrenamtlicher Wassermanager, rund um die Uhr im Dienst, wenn es sein muss.

Der Wassermanager: Heiko Holthusen ist der Vorsteher der Braker Sielacht.

 

Herr über Schöpfwerke und Pumpen
„Die Braker Sielacht ist ein Wasser-Management-Verband“, sagt der 61 Jahre alte Herr über zwei Mündungsschöpfwerke, 20 Schöpfwerke, 33 Pumpen, zwei Siele sowie 314 Kilometer Sieltiefe und Gräben. Die Braker Sielacht ist zwischen Stadland im Norden, Jade im Westen, Elsfleth im Süden und der Weser im Osten zuständig dafür, dass auf einer Fläche von 145 Quadratkilometern die Wesermarsch weder austrocknet noch überflutet ist. 

Landwirtschaft und Hafengelände in niedriger Lage
Rund 127 Quadratkilometer (12.670 Hektar) werden landwirtschaftlich genutzt, vor allem als Grünland.  Doch auch die Stadt Brake mit ihrem Hafen und Industrieanlagen gehört zum Gebiet des Entwässerungsverbandes. Das Land liegt tief: bis zu 2,50 Meter unter Normalnull im Landesinnern, bis zu 2 Meter über Normalnull andernorts. Das gesamte Gebiet der Sielacht befindet sich im deichgeschützten Tidebereich. „Wir führen zur Entwässerung des Gebiets der Weser Wasser zu. Bei Trockenheit dagegen entnehmen wir Wasser aus der Weser und lenken es ins Land. Das ist die Zuwässerung“, erläutert Heiko Holthusen. Die Entwässerung erfolgt über zwei sogenannte Hauptvorfluter: Das Käseburger Sieltief im Süden des Verbandsgebiets ist fast 16 Kilometer lang, das Braker Sieltief im Norden etwa 8,5 Kilometer.

Große Niederschlagsmengen verlangen hohen Pumpeneinsatz
Den Klimawandel bekomme die Braker Sielacht deutlich zu spüren, sagt der Vorsteher. Die trockenen Sommer der vergangenen Jahre machten eine Zuwässerung im großen Stil notwendig. Seit einigen Monaten muss dagegen aufgrund der starken und langanhaltenden Niederschläge ausgiebig Wasser abgeleitet werden, damit die tief liegenden Böden nicht „absaufen“. So waren allein im Januar im Schöpfwerk in Käseburg die Pumpen, die bei Bedarf Wasser aus dem Sieltief in die Weser befördern, 145 Stunden lang im Einsatz.

Die Mechanik zum Öffnen der Sieltore im Mündungsschöpfwerk in Brake-Käseburg ist viele Jahrzehnte alt. Die Digitalisierung ist hier noch nicht angekommen. Zum Öffnen und Schließen der Tore muss jemand vor Ort den Knopf drücken.

 

Digitale Technik fehlt der Sielacht
Das ist nicht nur teuer, weil die Pumpen viel Strom verbrauchen, es handelt sich auch um eine komplizierte Angelegenheit.  Denn wann die Pumpen in den Mündungsschöpfwerken angestellt werden, was sie leisten müssen und wie lange gepumpt wird, das muss stets ein Mitarbeiter vor Ort entscheiden und überwachen. „Wenn wir technisch auf dem modernsten Stand wären, wäre das nicht nötig“, weiß Heiko Holthusen. Er hat sich – ehrenamtlich, versteht sich – schon viele Tag- und Nachtstunden im Schöpfwerk aufgehalten und die Technik bedient. 

Der Traum von computergesteuerten Pumpen
„Anderswo ist man da schon weiter, da läuft alles computergesteuert. Das muss auch bei uns kommen“, betont er. Nur acht der 33 Pumpen der Braker Sielacht kann er in und außer Betrieb setzen, ohne vor Ort zu sein. Zu wenig in Zeiten von großen Herausforderungen, findet er. „Wir müssen ja nicht seltener eingreifen als früher, sondern häufiger. Das kostet Geld. Und es stellt sich auch die Frage, ob es für die Aufgaben in Zukunft überhaupt genügend Mitarbeitende geben wird.“ Der Nachwuchs- und Fachkräftemangel wird auch die Sielacht nicht verschonen.

Älteste Wasserpumpe wurde 1934 gebaut
Doch nicht nur Computerprogramme und Arbeitskräfte sind wichtig. Der Entwässerungsverband steht auch sonst vor großen Herausforderungen. Die Schöpfwerke und die Technik stammen größtenteils aus den 1960er und 70er Jahren. Die älteste Pumpe wurde 1934 gebaut. Auch die Mündungsschöpfwerke haben baulich und in der Ausstattung mitunter dringenden Erneuerungsbedarf. „Wir müssen ständig mit Ausfällen und Reparaturen leben“, sagt Heiko Holthusen. Auch da fehle es am Geld für Investitionen.

Starkregen und Trockenperioden
Dabei haben sich die Rahmenbedingungen verändert. Die Böden werden stark genutzt, der Anteil an versigelten Flächen steigt, Starkregen und Trockenperioden sind die neue Normalität. „Wir brauchen ein angepasstes Wassermanagement mit intelligenter digitaler Steuerung, wenn die Nationale Wasserstrategie umgesetzt werden soll“, fordert er. 

Erklärungen in den sozialen Netzwerken
Heiko Holthusen wirbt für das moderne Wassermanagement, wann immer er kann. Er hält Vorträge, ist in den sozialen Netzwerken präsent, erklärt und führt vor. Dem Niedersächsischen Ministerpräsidenten hat er einen Brief geschickt, um auf die schwierige Lage aufmerksam zu machen. „Extremwetterlagen sollen nach Prognosen der Wetterfachleute häufiger vorkommen. Entweder zu viel oder zu wenig Wasser. Eine Anpassung an die jetzigen Herausforderungen ist dringend erforderlich.“, heißt es in dem Brief. 

Ellen Reim

Bremen

Ellen Reim

Bremen
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